spielfilm

31. März 2014

Kollektivschuld Herrenpartie (1964) von Wolfgang Staudte im Österreichischen Filmmuseum

Von Bert Rebhandl

© DIF

 

Sieben Spießer in kurzen Hosen und Sandalen machen Urlaub in Jugoslawien. Sie sind Mitglieder der Liedertafel Neustadt, sie sind im Omnibus unterwegs, am Tag ihrer Abreise zurück nach Deutschland stellen sie sich am Hafen einer adriatischen Stadt auf und singen noch einmal kräftig. Auf der Fahrt gibt es allerdings ein Hindernis. Sie werden zu einem Umweg gezwungen, unversehens befinden sich die Touristen in einer Landschaft, die auch zu einem Italo-Western passen würde. Schwarz gekleidete Frauen begrüßen sie mit feindseligen Blicken. Die Deutschen sind hier nicht willkommen, doch es dauert eine Weile, bis sie herausfinden, warum das so ist. Es hat mit Geschichte zu tun. In dem Dorf haben die Deutschen während des Zweiten Weltkriegs eine Vergeltungsaktion gegen Partisanen durchgeführt. Alle Männer, einige Frauen und sogar Kinder kamen ums Leben. «Ihr habt aus unserem Dorf ein Grab gemacht.» Aber was haben die redlichen Sänger aus Neustadt damit zu tun?

Darum geht es in Wolfgang Staudtes Herrenpartie, einem Versuch über Kollektivschuld und Vergangenheitsbewältigung, über Mentalitäten und über Versöhnung durch Koproduktion (in diesem Fall zwischen Neue Emelka München und Avala Film Belgrad). Götz George spielt den mitgefahrenen Studenten Herbert Hackländer, der den unterschiedlich in den Nazi-Krieg verstrickt gewesenen Männern die zweifelhafte moralische Autorität der freizügigen Wirtschaftswunderordnung entgegenhält. Die Frauen sind nach Typen hierarchisiert: die unversöhnliche Miroslawa, die aus der Zeit gefallene Trauernde Lia, die versöhnungsbereite Seja, die als einzige eine weiße Bluse trägt.

Die sieben Sänger haben die Morde nicht persönlich auf dem Gewissen, doch Staudte geht es um die Facetten der Ewiggestrigkeit, die sich in Begriffen wie «Vergeltungsmaßnahmen» («Alle Kulturvölker kennen so etwas») äußern, oder in einem Lied wie «Machen wir eine Landpartie» (das während des Krieges zu Gasmaskenmärschen gesungen wurde). Das Thema ist ernst, doch der Film streift gelegentlich an die Satire, deutsche Philisterei begegnet uns ebenfalls typologisch: der schon zur Feistheit neigende, antifaschistische Jungredakteur, der asketische Buchhändler, der die Liedertafel leitet (Rudolf Platte), der Unrettbare, dem über die Lippen kommt, man hätte doch das Mädchen, das sie über einen Bergpfad geführt hat, «als Geisel» dabehalten sollen.

Es löst sich alles in Wohlgefallen auf, die Rezeption des Films war aber eisig, der Verleih ging darüber in Konkurs.

Das Österreichische Filmmuseum zeigt Herrenpartie im Rahmen seines Jubiläumsprogramms 1964 – Wendepunkte des Kinos. Montag, 31.03.2014, 21.00