labelportrait

The Masters of Cinema Series

 

Im Anfang waren vier Websites zu Säulenheiligen der Filmgeschichte: Ozu, Bresson, Dreyer und Tarkowskij. Und ihre enthusiastischen Betreiber in Großbritannien, Kanada und den USA. Was sie verband: Die Liebe zu den Klassikern des Kinos, Enthusiasmus, exzellenter Geschmack, der Wunsch, Material zum jeweiligen Regisseur zu sammeln und im Netz bereitzustellen. Im Jahr 2001 taten die vier sich zu einer neuen, gemeinsamen Website zusammen, mastersofcinema.com. Später wurde das Konzept wurde von den vier Ausgangs-Meisterregisseuren ins Universale erweitert. Der selbstgesetzte Auftrag: Das Sammeln und Verbreiten von Informationen für anspruchsvolle Cinephile auf der ganzen Welt. Also geschah es, mit einem Nachrichtenteil und mit Hinweisen auf einschlägige Texte, vor allem aber auf neue DVD-Editionen. (Die Website existiert nicht mehr, bei der Wayback-Machine von archive.org kann man sich aber ihre Geschichte vor Augen führen.)

Dann der vielleicht logische, jedenfalls mutige Schritt: Gründung eines eigenen DVD-Programms. Seit 2004 gibt es nun Masters of Cinema (MoC), als Edel-Imprint des britischen Eureka!-Labels. Klares Vorbild des neuen Sublabels ist die standardsetzende US-Criterion Collection. Ähnlich hoch jedenfalls der Anspruch bei MoC: Penible Arbeit an den zugrunde liegenden Kopien, geradezu kämpferischer Einsatz für von schlampigen Labels oft nachlässig behandelte Dinge wie das richtige Bildformat und Beigabe von jeder Menge Begleitmaterial. Letzteres in Form von neu erstellten Video-Interviews und Audiokommentaren, vor allem aber in den stets liebevoll und attraktiv gemachten Booklets, die sich gelegentlich zu kleinen Monografien zu den jeweiligen Werken und ihren Regisseuren auswachsen.

Der Begriff, den sich Masters of Cinema von dem machen, was ein «Meister» sei, ist keinesfalls aufs Kanonische im Sinne der Befestigung herrschender Vorstellungen ausgerichtet. Zwar finden sich auch Über-Klassiker wie F. W. Murnaus Sunrise oder Michelangelo Antonionis La Notte oder eine Reihe von Werken von Kenji Mizoguchi. Daneben stößt man jedoch auf Nebenwerke der Großen, wie John Fords The Prisoner of Shark Island, auf einen SciFi-Animationsfilm wie René Laloux’ Fantastic Planet oder auf Punishment Park des großen linken britischen Pseudo-Doku-Regisseurs Peter Watkins.

Schönster geschmackssicherer Eklektizismus also. Aber auch klassische Autorenpflege gibt es, gerade erscheinen in rascher Folge wichtige Filme von Maurice Pialat. Und dann ein großes Augenmerk auf das japanische Kino, und auch hier nicht auf den eingeführten Kanon beschränkt. So stehen neben Mizoguchi auch Kon Ichikawa, aber auch aktuelle Film so unterschiedlicher Couleur wie Kiyoshi Kurosawas Arbeitslosen-Ballade Tokyo Sonata und Johnnie Tos Schizo-Etüde Mad Detective. Masters of Cinema ist der Idealfall eines mit Leidenschaft betriebenen Labels weit offener Horizonte: Entdeckungen sind zu machen, Klassiker sind zu finden. Das ist lebendige Arbeit am Kanon, der anders aussieht für den, der das Programm von Masters of Cinema kennt.

 

4 x The Masters of Cinema Series

Kiyoshi Kurosawa: Tokyo Sonata (Tôkyô sonata) 2008

Ein Mann verliert seinen Job, verschweigt es seiner Familie, bricht morgens wie gehabt auf und treibt sich in Tokio herum. Er lernt andere Arbeitslose kennen, er hat demütigende Vorstellungsgespräche und findet keine Arbeit. Lakonisches Gegenwartsporträt, das im letzten Drittel Ton, Tempo und Genre ändert.

Maurice Pialat: A Nos Amours (1983)

Sandrine Bonnaire als junge Frau, die auf niemanden hört, schläft, mit wem sie will und mit dem von Maurice Pialat gespielten Vater Kämpfe ausficht. Dazu die Musik von Klaus Nomi.

Sadao Yamanaka: Humanity and Paper Ballons (Ninjo kami fusen) 1937

Der letzte und bedeutendste Film des Regisseurs, der mit nur 29 Jahren im Zweiten Weltkrieg ums Leben kam. Die in einem Kleine-Leute-Viertel Tokios angesiedelte und im 18. Jahrhundert spielende tief pessimistische Geschichte erzählt von einer katastrophal scheiternden Verzweiflungstat.

Peter Watkins: Punishment Park (1971)

Pseudo-dokumentarisch gefilmtes ScFi-Szenario um ein Straflager. Zynische Spiele auf Leben und Tod, ein unfairer Prozess: Der britische Regie-Außenseiter Watkins zieht eine bittere Bilanz der Aufbruchsjahre nicht nur in den USA.