spielfilm

White Dog (Sam Fuller)

Von Rainer Knepperges

White Dog (1982)

© Criterion Collection

 

Ein Rätsel: Was liegt zwischen Piranha und Robocop? Was verbindet Airplane! mit Starship Troopers? Der fröhliche Jon Davison hat Filme von Joe Dante, Paul Verhoeven und den Zucker-Brüdern produziert, und dazwischen auch White Dog. Als Extra zur DVD gibt er amüsant, detailreich und erhellend Auskunft über Planung, Dreh und Vermarktung des Films. Unterstützt von Curtis Hanson, Co-Drehbuchautor, und Christa Lang, Ehefrau von Fuller. Ein schönes Gefühl von Stolz und Humor geht von dieser 45-minütigen Dokumentation aus. Und Sam Fuller wird vorgestellt als quicklebendiger, ruppiger Mann – «but he was such a pussycat, he was so sweet» – sagt Davison.

Fullers Filme altern äußerst attraktiv. Ihre Reize werden immer markanter. Was ich vor 16 Jahren zu Fullers achtzigstem Geburtstag schrieb, kann ich, nachdem ich White Dog wiedersah, getrost wegwerfen. Noch am wenigsten falsch sind die ersten zwei Sätze: Mit 17 Jahren war Samuel Fuller der jüngste Kriminalreporter in New York. Er sträubte sich lange, von der Berichterstattung zum besser bezahlten Geschichtenerzählen zu wechseln, denn nur «Tatsächliches» interessierte ihn. Wichtig sofort zu ergänzen: dass Fuller sich als Filmemacher mit nichts anderem zufrieden gab, als den größten Schock hervorzurufen, den Kunst vermitteln kann: Allgemeingültigkeit.

Warum erfand man in Frankreich und später auch in Deutschland ausgerechnet angesichts seiner Filme so vielerlei leere Formeln: «Stil» und «Rhythmus», «physisches» oder «reines Kino»? Sein Kino des realen Nachkriegs wurde auf diese Weise zum sprichwörtlichen Kino-ist-Krieg verklärt; müßig zu fragen, ob nun von Godard oder Norbert Grob. Vielleicht gab sich Fuller selbst diese Tarnung. Er war einer von vielen Amerikanern, die im Krieg gegen Deutschland gekämpft und sich dem besiegten Land zugewandt haben, daher: sein «Verständnis des Filmemachens als eines demokratischen Erziehungsinstruments» (Ulrich von Berg). Deshalb auch steht White Dog nicht am Ende oder am Rand seines Lebenswerks sondern bildet dessen Quintessenz: Ein Film über die Umerziehung eines bissigen Hundes.

Weil Rassismus das Resultat einer Dressur ist, die gewollte Verwandlung von Furcht in Hass, und weil Fuller eben diese Einsicht vermittelt, ohne Furcht in Hass zu verwandeln, ist White Dog das höchst seltsame Beispiel eines Films über Rassismus ohne Rassisten. Fullers heiße Sympathie gehört dem Hundetrainer, der sich solange den mörderischen Attacken aussetzt, ihnen standhält und so die Aggressivität des Hundes ermüdet, bis am Ende … hier wird nichts verraten.

Der Film kam in der Bundesrepublik nie ins Kino. Klar, dass auch die sensationelle Rekonstruktion von The Big One vor wenigen Jahren keine Chance hatte, wo man gerade wieder ankam in der Normalität … – des Antiamerikanismus. Über die Cheeseburger, mit denen Paul Winfield das wütende Tier füttert, und darüber dass Marshall Thompson, bekannt aus Daktari, zigarrerauchend Truffaut zitiert, wäre noch viel zu sagen