berlinale 2023

18. Februar 2023

Short Message Service 2023

Abweichende Meinung zu DE FACTO (Forum): Fragmente aus Texten, Protokollen, Prosa etc. zu Zweitem Weltkrieg, Bosnien, Ruanda etc. zu einer Master-Erzählung über Täterschaft hochzupoetisieren, erscheint mir selbstherrlich sowie politisch und historisch erkenntnishemmend. Eine inkompetente Moderation («Christoph Bausch») und eine Regie, die das Anführen ihrer Quellen als «schulmeisterlich» verweigert und ihren Film sodann in eine Reihe mit «Shoah» stellt, haben das Unbehagen am Freitagabend (24.2.) im Arsenal nur noch weiter befördert.

Hannah Pilarczyk am
25. Februar 2023 um 16:14 Uhr

Vom Pärchen-Spieleabend, hetero oder nicht, in die cis schwulen Clubs mit ihren Attraktions- und Attraktivitätswettbewerben: Schließlich öffnet sich DRIFTER auf eine queere community hin, in der sich die Enge der einen und die Härte der anderen Beziehungsweisen im weichen Tageslicht wegtanzen lassen – Hannes Hirsch zeigt Haut und Berührung als Frage der Sorge um sich und andere.

Kathrin Peters am
24. Februar 2023 um 08:54 Uhr

Das Faszinierendste an ART COLLEGE 1994 ist, dass Liu Jian die Animation wirklich nur als Technik verwendet. All das Slacking und Sinnsuchen könnte auch in einem Spielfilm passieren, sähe dann aber nur halb so gut aus. Bemerkenswert wie die beiden Animationsfilme im Wettbewerb kommunizieren. Während Makoto Shinkai in SUZUME den Beton der Städte in Pastell ästhetisiert, gewinnt Liu Jians ART COLLEGE 1984 dem trüben Grau eine ganz eigene Ästhetik ab.

Fabian Tietke am
23. Februar 2023 um 23:24 Uhr

Auch nach drei Jahren Pandemie ist das große Sterben in Bergamo in den ersten Monaten ebenso surreal wie erschütternd. Stefano Savona macht aus IL MURO DI BERGAMO einen wirklich guten Dokumentarfilm, indem er bei dieser Erschütterung nicht stehen bleibt, sondern auch die Trauerarbeit im Anschluss zeigt.

Fabian Tietke am
23. Februar 2023 um 23:24 Uhr

CONCRETE VALLEY (Forum) schrappt sehr knapp daran vorbei, ein wirklich guter Film zu sein, aber letztlich plätschert es dann doch zu sehr.

Fabian Tietke am
23. Februar 2023 um 23:23 Uhr

Wenig macht einen Film über Krieg eindrucksvoller als ein Foto auf ziviles Leben. Das wusste schon Humphrey Jennings und erfreulicherweise wissen es auch Vitaly Mansky und Yevhen Titarenko.

Fabian Tietke am
23. Februar 2023 um 23:23 Uhr

1980 alles schon auf dem Tisch: Abschlussarbeiten über Neo-Kolonialismus und weiße Deutsche, die die senegalesischen Studenten fragen, woher sie kommen und wie lang sie bleiben. Das fragen die sich auch. Die Briefe der Verwandten, die ihre Geld- und Konsumwünsche immer unverblümter mitteilen, taugen jedenfalls kaum dazu, die Schufterei in verschiedenen Jobs noch lange auszuhalten. Sehr lakonisch MAN SA YAY (I, Your Mother) von Safi Faye fürs Kleine Fernsehspiel («Fiktionsbescheinigung»).

Kathrin Peters am
23. Februar 2023 um 15:29 Uhr

Die berühmte Tür in eine andere Welt. Hier funkelt alles, hier gibt es keine Zeit und Verlusterfahrung mehr. Auch das diesseitige Japan liegt friedlich da, zumindest so lange, bis die Erde zittert und die Handyapps warnen. Erdbeben folgt auf Erdbeben – die Ursache für den Schrecken, den die Natur verbreitet, stammt aus den Portalen, die, übers ganze Land verstreut, aufbrechen. Deren Wächter nennen sich Schließer; SUZUME lernt einen von ihnen kennen und hält so nicht zuletzt den Schlüssel zum Erwachsenwerden in Händen. Ausladendes, zum Glück jede Kitschwarnung überhörendes Anime-Gefühlskino im Roadmoviemodus. (Wettbewerb)

Tilman Schumacher am
23. Februar 2023 um 13:04 Uhr

Dagegen dann MUSIC: Jede Einstellung eine andere Verdichtung von Licht, Räumen und Körpern, manchmal Tieren, Namen und Tönen. Nicht einfach elliptisch, vielmehr zwischen Griechenland und Potsamer Platz der Zeitlichkeit enthoben. Was Angela Schanelec von Verwandtschaft und Zugehörigkeit, ja, doch, erzählt, folgt wahrlich keiner Spurensuche, sondern eben einem Mythos. Soll keine sagen, der hätte nichts mit uns zu tun. 2/2

Kathrin Peters am
23. Februar 2023 um 08:53 Uhr

Unvermeidlich, die Filme im Verhältnis zueinander zu schauen. Vielleicht unangemessen, weil ich GEHEN UND BLEIBEN gar nicht zu Ende gesehen habe: Aber warum setzt Volker Koepp die Landschaften ständig in Bewegung und die Leute zum Sprechen mittig ins Bild? Fährt die Erinnerungsfotos ab? 1/2

Kathrin Peters am
23. Februar 2023 um 08:52 Uhr

Eine gut 30-minütige Einstellung, die von einer Bühne aus statisch und mit leichter Aufsicht in den prall gefüllten Publikumsraum eines Theaters hineinfilmt. Das auffällig junge Publikum schaut in unsere Richtung, hinter der Kamera breitet ein Chor seinen Offscreen-Klangteppich ohne nennenswerte Variationen aus. Einige Gäste werden bald unruhig, tuscheln, tauschen Blicke aus. Ähnliches passiert auch bei der analogen Vorführung des Films, Sharon Lockharts TEATRO AMAZONAS (1999), in den Hackeschen Höfen. Was mich sonst schnell nervt, akzeptiere ich hier als weitere Spiegelung des Innerfilmischen; eine Kino-Performance. (WdK)

Tilman Schumacher am
23. Februar 2023 um 00:45 Uhr

Wer sich weigert der (dann doch wieder witzig bombastisch annoncierten) Heine-Hamacher-Referenzspur zu folgen, kann es ja mit der Gerhard-Polt-haftigkeit des sich dauerinsultiert wähnenden Thomas Schubert versuchen: Der ins Gesicht tätowierte Badeurlaubmissmut, die kesse Eisverkäuferin ohne Promotionsstipendium und dann auch noch die Sexyness nicht nur des Rettungsschwimmers (sondern aller anderen), während man selbst leider nur deutsch spricht. Wenn das Uwe Tschonsen wüsste. (ROTER HIMMEL)

Simon Rothöhler am
22. Februar 2023 um 23:29 Uhr

Zwei schlechte Nachrichten und ein Achsensprung gleich zu Beginn in der Küche: Das renkt sich nicht wieder ein, oder nur als per narrativem Achsensprung neu gerahmter Selbsterkenntnis-Roman (Porträt des Künstlers als selbstbesoffenes klassistisches Arschloch). Der Omen sind manche, vom Auto, das dampft, bis zum Wildschwein, das brennt, es regnet schwere Zeichen aus Asche, bebend dazu eine Werner-Hamacher-Referenz. Zum Undinen-Wasser nun Feuer, zur Tragik nun Komik, kleine Schnitte dazwischen mit sehr großen Folgen, ROTER HIMMEL ist ein Vexierbild, sein Flirren mal wieder sehr schlau konstruiert. (73cp)

Ekkehard Knörer am
22. Februar 2023 um 22:04 Uhr

simone weil hat essays geschrieben, welche in einem buch des titels KRIEG und GEWALT versammelt sind. ein haupttext darin, der zu der ILIAS. ungeheuer ist vieles. nichts ungeheurer als der mensch. sophokles, antigone. kein francis ford copppla APOCALYPE NOW, sondern apocalyse forever. 2/2

Sissi Tax am
22. Februar 2023 um 21:06 Uhr

ein film (dok.form), so zwingend notwendig wie ungeheuerlich erschütternd: DE FACTO von selma doborac. eine ö produktion. 130 min. gesehen im silent green. 22.2.23. 1/2

Sissi Tax am
22. Februar 2023 um 21:05 Uhr

War schon vorher ein Lieblingsregisseur nach THE TEMPLE WOODS GANG (Forum) nun noch mehr: Rabah Ameur-Zaïmeche (nebenbei: wahrscheinlich die beste Tanzszene des Festivals)

Bert Rebhandl am
22. Februar 2023 um 21:00 Uhr

THE SHADOWLESS TOWER: Mit seinen 2,5h ein vermeintlich episches, formal wie narrativ aber komplett gradliniges Liebes- und Familien-Drama, das ganz an seinem «Helden» haftet: Ein früherer Poet, der nun einen Foodblog betreibt, bekommt fortwährend bescheinigt, dass er zu höflich sei. «So habe ich das nicht gemeint» ist so ein anderer Leitmotivsatz. Die Figuren wollen sich hier nicht ganz verstehen. Passend dazu lachen die Muttersprachler:innen im Saal laut über bestimmte Spitz- und Klarnamen, mir bleibt’s verschlossen. Große Klarheit in den Bildern und – das ist immer das Wichtigste – eine schöne Tanzszene. (Wettbewerb)

Tilman Schumacher am
22. Februar 2023 um 18:24 Uhr

«Though nothing can bring back the hour of SPLENDOR IN THE GRASS, of glory in the flower. We will grieve not, rather find strength in what remains behind.» Eines meiner liebsten Technicolor-Melodramen Hollywoods, projiziert von einer makellosen 35mm-Kopie aus dem Londoner BFI und mit einer erbarmungslos emotionalen Performance von Natalie Wood, die einem die Tränen in die Augen treibt. Die Liebe schneidet in die Wachträume der Jugend ein wie der Black Thursday in die vermeintlich rationalen Lebensentwürfe der Eltern. «It's no fun being in love. It hurts.» (Retrospektive)

Tilman Schumacher am
22. Februar 2023 um 18:23 Uhr

Eher ein dreistündiger Film als eine Serie: WHY TRY TO CHANGE ME NOW (Berlinale Series) folgt einer musischen Frau und ihrem eher seichten Ehemann durch die frühen Jahre der Transformation zur heutigen Volksrepublik: Period Detail und soziale Details sind überreich, erst am Ende setzt sich die Propaganda durch. Dem Krimiplot konnte ich nicht ganz folgen.

Bert Rebhandl am
22. Februar 2023 um 13:57 Uhr

Hambi Sensory Lab: VERGISS MEYN NICHT (Perspektive Deutsches Kino) ist nicht nur klug als Film über politische Arbeit von der Seite der Ohnmacht her und als Korrektur an den medialen Bildern über die «Terroristen» da – die 360-Grad-Kamera dreht (noch nach dem Tod ihres Trägers) im Grunde unmögliche Bilder wie ihre eigene Verhaftung durch die Polizei.

Matthias Dell am
22. Februar 2023 um 08:05 Uhr

Es hätte mir absolut gereicht, wenn Hong Sang-soo das gemacht hätte, was er mit Wiederholungszwang und nur kleineren Variationen seit Jahren, ja Jahrzehnten immer macht, aber in IN WATER macht er tatsächlich etwas Neues. Nämlich Filmbilder, die aussehen, als hätte man im 3D-Kino seine entsprechende Brille noch nicht auf, quasi Milchglasbilder, die gerne auch mal aus dem Off von Handylautsprechermusik begleitet werden. Ein Film, wie schon sein letzter Berlinale-Film, THE NOVELIST FILM, über das kleine, persönliche Filmemachen, in der denkbar uneitelsten Weise, ganz ohne Zynismus und in 61 Minuten. (Encounters)

Tilman Schumacher am
22. Februar 2023 um 08:05 Uhr

NOW AND THEN (Lesli Linka Glatter): Zeitkapsel der 90er, Pastelltonwelt, erste Küsse, Trauer- und Traumabewältigung. Ein Teeniefilm mit toll spielfreudigem Cast, uneingeschränkter Zuneigung zu seinem Suburb-Ensemble und einer serienhaften Breite des Erzählens, die man sich auch gut im Fernsehen (als Mehrteiler) hätte vorstellen können. Dass er jedoch Kino ist, bewies am Abend auch die Projektion: eine der wenigen 35mm-Kopien in der kuratorisch wie materialhistorisch läppischen Retro (offenbar auch mit lediglich einem analogkompatiblen «Kinosaal», der AdK). Hoffentlich macht’s keine Schule. (Retrospektive)

Tilman Schumacher am
22. Februar 2023 um 08:04 Uhr

Die Vermessung eines politischen Ortes in zwölf Bildern, seine Emotionsaufladung mittels Songs und Gedichten neuerer Zeit. Alle Jahreszeiten sollen angeblich in den Tableaux von ALLENSWORTH vorkommen, der Himmel ist stets grau. Faszinierend, wie unterschiedlich lang man die statischen Einstellungen, die in strenger Taktung aufeinanderfolgen, empfindet, eben je nachdem, was der Offton für einen Raum eröffnet, wie die Bilder selbst ihre Rahmen erweitern. Bspw: ein jenseits der Bildgrenze entlang ratternder Zug, der sich plötzlich über eine Hüttenfensterreflexion ins Filmbild hineinmogelt, neue Spannung schafft. (Forum)

Tilman Schumacher am
22. Februar 2023 um 08:04 Uhr

Gottgleich registriert die Eröffnungssequenz in grobkörnigem (und leider nicht schön restauriertem) Schwarzweiß filigrane Oberflächenstrukturen, die ich für Moosflechten halte, bis auf einmal Gebirgsformationen auftauchen: die Luftaufnahme von Herbstwäldern, begleitet von auratischem Drone. Hier bereits die Schwermütigkeit, die aus SZÜRKÜLET nun nicht mehr weichen wird. Der Wald ist ein Tatort, jemand lockt Kinder hinein, ein ortfremder Kommissar nimmt die Ermittlung auf, wird wie eine mythische Figur gefühlt überall gleichzeitig sein. Bis ins Kleinste durchkomponierter Spätexpressionismus (1990). (Berlinale Classics)

Tilman Schumacher am
22. Februar 2023 um 08:03 Uhr

So fragmentarisch, dass die Einzelteile auch für sich «strahlen» müssten, damit das Filmganze seinen Sog entfaltet. Der hat sich bei mir, trotz der Pathosklammer jahrzehnte- und generationenübergreifender MUSIC, kaum eingestellt. Wo in Schanelecs früheren Filmen manchmal schon eine Straßenüberquerung ästhetische Sensation war, wirkt der Alltag nun teils wie Füllwerk, irgendwie leer, nicht gefühlt. Ähnlich ging’s mir mit den Bildern selbst, zu wenig «Volumen» (mir fällt kein besseres Wort ein); selbst die griechischen Hügel und Küsten, die zugleich Gegenwart wie Mythos sein wollen, ziehen seltsam an mir vorbei. (Wettbewerb)

Tilman Schumacher am
22. Februar 2023 um 08:02 Uhr

BEEING IN A PLACE mimetisiert auf experimentell eigene weise die anmutung der gezeigten arbeit, des found footage taits. vielleicht kann von einer ästhetik der zweckfreiheit gesprochen werden. 3/3

Sissi Tax am
21. Februar 2023 um 23:48 Uhr

im minellii farben-musical BRIGADOON (1954, cyd charisse, gene kelly, reinste fiction reality) - zu lesen auf einer schreibmaschinenschriftkarte -, sieht tait das schottische inbegrifflich aufgehoben. da kam mir ein jauchzen über die lippen. das schöne, harsche schottische idiom, es materialsiert sich in der gedichte vortragenden stimme. mich gemahnend an die der brasilianischen schriftstellerin clarice lispector - raucherinnen beide -, zu vernehmen im groszen kleinen film hiatus von vivian ostrovsky. 2/3

Sissi Tax am
21. Februar 2023 um 23:48 Uhr

BEEING IN A PLACE. von luke fowler. uk. 61min. dok.form. forum. gesehen im silent green. 20.2.23. portrait einer independent lady poet filmmaker namens margaret tait (1918 -1999) von den orkney islands am nordrand der alten welt. tingwall, ein ortsname. heartlandscapes, ein ungedrehter film. colour poems, ein gedrehter film. dasz tait am centro sperimentale di cinematografia im rom der 50ger jahre studierte, ist ihren groszen kleinen 16mm filmen anzusehen: augenblicke hellster farbenpracht. 1/3

Sissi Tax am
21. Februar 2023 um 23:46 Uhr

Kristen Stewart for Hofbauer-Ehrenkommandantin? Nürnberg vibes bei NOW AND THEN (1995, Retrospektive) von Lesli Linka Glatter - eine Buttercremetorte von Coming of Age-Film, bei dem die Kamera mit jedem Schwenk und jeder Fahrt die Sahne glattstreicht.

Matthias Dell am
21. Februar 2023 um 22:34 Uhr

Erst weht ein Nebel herüber. Dann wird ein Mythos erzählt, mit Hand und Fuß, mit Kothurn und Natur, sehr elementar und im Elementaren nicht schwer, sondern oft beinahe schwebend. Die Zeit, die ein Nichts ist, und die Dauer, die kein Maß hat, sind der Erde verhaftet, dem Wasser, dem Fußball, der Eidechse, dem Umarmen, dem Entkernen der Granatäpfel und vielem anderen Tun. Die Körper sind als Körper präsent, als Taumelnde, Fallende, Gefallene, Schwimmende, Tanzende. Kurz angebunden sind nur die Wörter, denn was hier spricht, ist der Gesang, ist die: MUSIC. (90cp)

Ekkehard Knörer am
21. Februar 2023 um 16:24 Uhr

Drastik als ästhetischer Rest der Aufklärung: Sohrab Shahid Saless’ ORDNUNG (1980) hat ein gutes Gespür für bundesrepublikanische Mittelstandspathologien mit all ihren Spießigkeiten in hässlich sortierten Privathaushalten, Sprechweisen, Kleidungen. Im Zentrum ein arbeitsscheuer Bauingenieur, der sich nicht in die Leistungsgesellschaft fügen möchte. BRD Noir auf gut ramponierter 16mm Kopie.

Friederike Horstmann am
21. Februar 2023 um 16:03 Uhr

Es gibt einen Heist, und Schusswechsel, und einen saudischen Prinzen. Es gibt Tanz und Gesang und wenn man die Geschichte nacherzählt, kommt eine Genre-Story heraus. Dies ist Rabah Ameur-Zaimeches LE GANG DES BOIS DU TEMPLE (Forum) aber nicht, der die soziale Wirklichkeit scharf zeichnet, aber in seinen Bildern, und zwischen ihnen, Verschwimmendes und Offenes und Bewegliches einfängt. (79cp)

Ekkehard Knörer am
21. Februar 2023 um 15:44 Uhr

In Moyra Daveys HORSE OPERA spricht die Medusa: Eine weibliche Stimme evoziert aus dem Off Erinnerungsbilder vom dance floor von The Loft in NY, beschreibt akribisch Tanzstile und Outfits – red pencil skirts, silver overalls, tank tops – und verdoppelt sich medial vermittelt bis zur Erschöpfung. Was das Akustische an Distanz schafft, ermöglicht das Visuelle an Nähe: Close-ups auf Tierkörper, die sich in schleimigen Hauttexturen und obszönen Details, in bejahenden Lustbildern vor meinen Augen transformieren.

Cecilia Valenti am
21. Februar 2023 um 14:05 Uhr

ORDNUNG! Doch zunächst etwas Mühe gehabt, hinter den merkwürdig beliebigen Entfremdungstropen Saless’ spezifischen Einsatz zu entdecken. Und dann kommt, der ganze Film in 15 Tagen schnell runtergedreht, die Wegschließ- und Betäubungsordnung der Psychiatrie und aus «Aufstehen» wird «Auschwitz» und wir sind, Ruhe bitte, sonst setzt es was: in Deutschand. Ab da macht dann auch die Achternbusch-Widmung nochmal anders Sinn, weil dieser quälende BRD-Noir-Bierkampf eine gesellschaftsweit organisierte (normalisierte) Verdrängungsleistung zu erkennen gibt. (Forum, Fiktionsbescheinigung)

Simon Rothöhler am
21. Februar 2023 um 13:04 Uhr

Schanelecs MUSIC. Elementare Gesten und Blicke, auch von Außen, auf die Erzählmachinationen des Mythos als nun zerlegte Plotmaschine. Fast bewusstseinsfrei, entrückt von individuellen Handlungsträgern, schauspielmaterialistisch. Auf der Soundtrackspur eine Kommentarspur. Vivaldis Filiae maestae Jerusalem, Töchter, die trauern, niemand soll eure Tränen tadeln. Barockmusiken auch als Kommunikate einer Iokaste, die zwar nicht gut Tischtennis spielt, aber analoge Mixtapes zusammenschraubt, die jede Gefängnismauer mühelos überwinden, let the winds be hushed. (Wettbewerb)

Simon Rothöhler am
21. Februar 2023 um 09:53 Uhr

Es ging, glaube ich, nicht vielen so, aber für mich steckte in der Härte von Saless’ ORDNUNG (1980) eine Menge Komik drin. Dabei musste ich oft an die Texttafel zu Anfang denken, die den Film Herbert Achternbusch widmet (Saless verband mit ihm, wie ich später erfuhr, seit Ende der 70er eine Freundschaft). Der ging einem völlig anderen, das Exzessive und Unausgegorene geradezu umarmenden Gegenkino nach. Und doch findet man bei beiden diesen Ekel angesichts des geordnet deutschen Lebens, verbunden mit Sätzen, die den Befehl verweigern: «Heute ist der 33. Dezember – und was jetzt?», so Herbert(!) in Saless’ Meisterwerk. (Forum)

Tilman Schumacher am
21. Februar 2023 um 08:41 Uhr

Familiendrama als Familienprojekt: Esther, Léna & Louis Garrel spielen Geschwister, die mit ihrem Vater Kunst schaffen. Vor der Kamera ein Puppentheaterregisseur, hinter ihr der Autorenfilmer Philippe Garrel. Neben dem Verlust der Lieben – gleich zwei Friedhofsszenen – leiden die Figuren in LE GRAND CHARIOT unter dem Bedeutungsverlust ihrer Kunst: aus der Zeit gefallen, zu keinem Wandel bereit, immer wieder Hanswürste. Ironisch, weil auch Garrels Kino sich seit Jahrzehnten treu bleibt: pragmatisch durchwechselnde Liebschaften, leidende Künstler wie aus einem Roman des 19. Jahrhunderts, zärtliche Berührungen. (Wettbewerb)

Tilman Schumacher am
21. Februar 2023 um 08:40 Uhr

Auch ÎNTRE REVOLUȚII ist ein Footage-Film aus Archivmaterial. Der Filmer Vlad Petri und die Schriftstellerin Lavinia Braniște haben sich zusammengespannt. Sie überlagern die Fülle an filmischem Propagandamaterial aus den Jahren zwischen 1979 (iranische Revolution) und 1989 (rumänische Revolution) mit einem gesprochenen Text. Der Mini-Briefroman erzählt auch eine Liebesgeschichte zwischen zwei Frauen im Strudel und der Grausamkeit weltgeschichtlicher Ereignisse.

Monika Dommann am
20. Februar 2023 um 17:50 Uhr

Vlad Petris ÎNTRE REVOLUȚII montiert Filmmaterial von der islamischen Revolution bis zum Sturz Ceaușescus, zusammengehalten durch einen fiktiven Briefwechsel (von Lavinia Braniște) zweier Freundinnen zwischen Bukarest und Teheran, der von einem Fund im Archiv der Securitate seinen Ausgang nimmt. Worte und Bilder kommentieren sich so dicht und beziehungsreich, dass eine politische, nicht zuletzt Geschlechter-Geschichte der 1980er entsteht: phantastisch.

Kathrin Peters am
20. Februar 2023 um 16:15 Uhr

LE GRAND CHARIOT (Wettbewerb): Desintegration einer Kleinkünstlerfamilie, dazwischen ein am Rad drehender Möchtegerngroßkünstler und allerhand sehr französische Beziehungspsychodynamik. Politisch nicht so abgestanden wie manches von Garrel seit den Nullerjahren, aber schon betrüblich, wie nichtssagend dieses (Spät-)Werk mittlerweile ist.

Simon Rothöhler am
20. Februar 2023 um 16:08 Uhr

Nach SUPERPOWER (Special) ist mir klar: Sean Penn und Bernard-Henri Lévy müssen gemeinsam nach Maskwu, Großrassija, fahren, um dort Putin unter den Tisch zu trinken: Es wird die Reblaus gewesen sein.

Bert Rebhandl am
20. Februar 2023 um 13:55 Uhr

EL JUICIO von Ulises de la Orden ist ein weiterer komplett aus Footage montierter Film über den Prozess gegen hohe Militärs der Diktatur. Die 530 U-matic-Tapes waren 1985 vom argentinischen Fernsehen im Auftrag der Richter hergestellt worden, die auch dafür sorgten, dass Sicherungskopien in Norwegen aufbewahrt wurden. Ein anwaltschaftlicher Film, der die wichtige Rolle von Film als Evidenzmedium für Recht und Gerechtigkeit zeigt.

Monika Dommann am
20. Februar 2023 um 08:43 Uhr

Das Land der Kalifornier mit der Sehnsucht suchend: Vincent Dieutre in THIS IS THE END (Forum). Was er findet: Pandemie, Alter, Warten auf the Big One, überhaupt Endzeit. Er findet auch Bilder von langen Fahrten, filmisches drive by shooting im Mustang, er findet Dean, seit vierzig Jahren verloren, die Poetry Lounge, in der unter anderen Jean-Marc Barr und Elina Löwensohn Gedichte performen. Er findet Swimming Pools und Schlangen darin. Er sucht auch vielleicht etwas arg viel L.A.-Theorie, vielleicht nicht ganz verkehrt, das sonore, endlose Sprechen musikalisch zu nehmen, als etwas, auf dem man aufs Ende zu gleiten kann. (74cp)

Ekkehard Knörer am
20. Februar 2023 um 08:34 Uhr

Bei Vincent Dieutre wird es keine Revolution mehr geben, das Ende ist auch schon gewesen. Los Angeles als Nachwelt: Schlangen in Pools, und das eigene Fleisch wird mürbe. Einige performen noch mit Texte eher in als gegen diese extase mélancolique: THIS IS THE END.

Kathrin Peters am
20. Februar 2023 um 08:30 Uhr

Eigentümliches Niemandsland der Halbabstraktion, in das Margarethe von Trotta Vicky Krieps, die so deutsch klingt wie Ronald Zehrfelds Max Frisch, im Wettbewerb schickt. Dagegen montiert eine Wüste mit Adolf Opel, bei dem der Sex nicht zum Du führt. Von sehr fern her weht Bachmanns überernste Sprachphilosophie, die Wände bei Frisch sind getüncht wie mit Farrow & Ball, die toxische Beziehung stellt einer auf Distanz gehaltenen Wirklichkeit nach. Unklar, was das alles soll. (58cp)

Ekkehard Knörer am
20. Februar 2023 um 08:25 Uhr

An THE ADULTS gibt’s sicher das ein oder andere auszusetzen. Bei US-Independentkino bin ich aber unkritisch, vor allem, wenn es so zärtlich wie hier um Familienkonstellationen kreist. Der Film ist voller kleiner, schön bescheuerter Performances – Sketche, Tanzchoreografien, Kunstfiguren, die den drei Geschwistern dabei helfen, die gemeinsame Vergangenheit zu beschwören und zugleich mit der Gegenwart klar zu kommen. Schön, Michael Cera mal wieder zu sehen. (Encounters)

Tilman Schumacher am
20. Februar 2023 um 08:01 Uhr

Ein karrieristischer Schönling betrinkt sich mit seinen Kollegen in der Hochzeitvornacht und kracht auf dem Heimweg torkelnd in ein Loch, in die #MANHOLE. Er selbst kommt aus der Betongrube nicht mehr heraus und auch Polizei und Co. stellen sich ziemlich dämlich an. Muss eben die Socialmedia-Crowd aushelfen, was eine bedenkliche Eigendynamik (auf dem Manhole Girl Account) entwickelt. Bin nicht so reingekommen, auch wenn’s ganz hübsch von A nach B geht. Kazuyoshi Kumakiris Mansploitation macht immer dann am meisten Spaß, wenn Ekel und Lacher zusammentreffen, leider m.E., gerade in der ersten Hälfte, zu selten. (Special)

Tilman Schumacher am
20. Februar 2023 um 08:00 Uhr

Am Spannungsbogen desinteressiertes Genrekino inszenatorischer Präzision und emotionaler Tiefe. THE TEMPLE WOODS GANG beginnt mit einer Sequenz, in der der spätere Heist-Plot extrem entfernt scheint. Ein Mann schaut über die Dächer seines Viertels, Trauer im Gesicht. Man trägt einen verhüllten Leichnam aus dem Schlafzimmer der Wohnung, die Mutter, wie sich später herausstellt. Bekannte aus der Nachbarschaft ziehen wenig später einen saudischen Prinzen ab (schlechte Idee); das prägt auch sein Leben. Ein sich langsam vortastender, von autarken Momenten durchbrochener Thriller. Sublim: die beiden Musikeinlagen (Forum).

Tilman Schumacher am
20. Februar 2023 um 07:59 Uhr

Alter! SENECA (Berlinale Special Gala) von Robert Schwentke (dessen toller Film DER HAUPTMANN 2018 nicht auf der Berlinale zu sehen war) – irgendwie hat bei der Planung keiner bedacht, dass ein Film über einen unerträglich durchlabernden Welterklärer halt ein Film mit einem unerträglich durchlabernden Welterklärer ist.

Matthias Dell am
19. Februar 2023 um 22:37 Uhr

Hätte ein Film über die visuelle Konstruktion einer Nation werden können, aber Fiona Tan hübscht die Brauchtums- und Industriefilme aus dem Archiv der Niederlande eher noch auf. Die dem Filmmaterial zeitgenössische Kolonialgeschichte Indonesiens klingt in den durchaus berührenden Briefen des Vaters, DEAREST FIONA, auf der Tonspur auch nur manchmal an.

Kathrin Peters am
19. Februar 2023 um 18:18 Uhr

DE FACTO, von Selma Doborac, mit Christoph Bach und Cornelius Obonya. Auch ich hatte Angst vor dem Film. Ein harter Film. Schwer zu ertragen. War der Regisseurin dankbar, dass sie meinen Gedanken Fluchtpunkte zur Verfügung stellte. Zum Beispiel grüne Blätter. Ein wichtiger Film über das Potential mittels Schauspiel Täteridentifizierung hervorzurufen und zu unterlaufen. Und was für eine grossartige Diskussion mit Cristina Nord!

Monika Dommann am
19. Februar 2023 um 12:14 Uhr

Die Leinwand kann Emily Atef in ihrer Krien-Verfilmung IRGENDWANN WERDEN WIR UNS ALLES ERZÄHLEN (WETTBEWERB) gar nicht groß genug sein. Das ist einerseits eine plausible Auswölbung der emotional-sexuellen Neunzehnjährigkeit der Protagonistin. Andererseits bleibt die Bindung an den Nachsommer der DDR doch sehr beliebig und wird, statt dass sich der Film zur Trivialität seines Sujets bekennte, mit Ernst und Design-Sozialismus so ausgestattet, dass er gerade dadurch in den (ansehnlichen) Edelkitsch rutscht. (61cp)

Ekkehard Knörer am
19. Februar 2023 um 10:25 Uhr

Die Begleitung war nach Bas Devos’ HERE (Encounters) empört: Warum war der jetzt so kurz? Warum ging der nicht noch eine Stunde weiter? Mir ging es genauso. Ein Film über Zugehörigkeit – – zu Orten, anderen Menschen und, ja, auch Moosen -, der mich mit jedem Bild mehr beglückt hat.

Hannah Pilarczyk am
19. Februar 2023 um 10:13 Uhr

Sisi (& Ich) im Finsterworldland. Je nun. Aber immerhin: Sandra Hüller & Susanne Wolff chargieren vergnügt und irgendwie dauerangeschwipst a) um die Wette und b) gegen die wie von einem faulalgorithmischen Sofia-Coppola-Soundtrackbot anhipsterisierten Drehbuchzumutungen aus dem Hause Finsterwalder & Kracht an – weil sie vermutlich auch wissen, dass das als «feministische» Umschrift einer kaiserlichen Medienbiografie nicht mehr so ganz state of the art ist. (Panorama)

Simon Rothöhler am
19. Februar 2023 um 09:12 Uhr

Manthia Diawaras AFRICAN INTELLIGENCE macht noch einmal klar, was Kino und Trance verbindet. Die Kamera ist nah an den tanzenden Heilerinnen und produziert Bilder von Körpern und Kleidern oder, fragmentierter, von Körperteilen und Stoffen. Die Experten, die erklären, was sie nicht verstehen, hätte ich nicht gebraucht.

Kathrin Peters am
19. Februar 2023 um 08:19 Uhr

Arthouse-Overkill: Han Shuais GREEN NIGHT hat das Formen- und Motivrepertoire des experimentierscheuen A-Festivalkinos verinnerlicht und auf 1,5h kondensiert: Motorradfahrten durch Tunnel als Chiffre für den Aufbruch ins Unbekannte, Intimität suggerierende Nahaufnahmen mittels zittriger Handkamera, Unschärfeverlagerungen und Ambientgedudel, Third-Person-Trackingshots durchs grau-graue Plattenbautreppenhaus, geheimnisvolle Frauenfigur mit auffällig gefärbten Haaren. Dennoch: Die traurig ohnmächtigen Blicke von Fan Bingbings Hauptfigur tragen’s bis ans Ziel. (Panorama)

Tilman Schumacher am
19. Februar 2023 um 00:05 Uhr

Literatur zur NS-Zeit anhand intellektueller Biografien: Ideologieschleudern, Mitläufer:innen, tatsächliche und (der Mythos) «innere» Emigration, Tagebuchbekenntnisse. Während des Schauens von JEDER SCHREIBT FÜR SICH ALLEIN schwanke ich zwischen dem Gedanken, dass es angenehm ist, wieder mal eine mehr gradlinig wissensvermittelnde – dafür weniger essayistisch «forschende» – NS-Dok im Kino zu sehen, und dem Zweifel, ob mir das formal so reicht. Die talking heads und illustrativen Archivbegehungen sind weniger das Problem als pixelige Bildcollagen, manierierte Splitscreens und ein reenacteter Himmler am Wegesrand. (WdK)

Tilman Schumacher am
19. Februar 2023 um 00:04 Uhr

JEDER SCHREIBT FÜR SICH ALLEIN (Woche der Kritik): Nicht verstanden, warum wir eine halbe Stunde lang Günter Rohrbachs Einlassungen zu sich selbst als begeistertem Hitlerjugendjungen und zu seinem in der Neunkirchener Provinz eine bescheidene NS-Karriere durchlaufenden und genau nullkommanull an Literatur interessierten Vater anhören müssen. Nicht verstanden, was im Finale diese merkwürdig pauschalierend-ausgreifende Generalwarnung vor Straßenumbenennungsgutmenschentum soll. Schon eher verstanden, was Julia Voss, über die Montage schneidend gegen Florian Illies argumentierend, über die mitmachende «innere Emigration» zu sagen hat.

Simon Rothöhler am
19. Februar 2023 um 00:03 Uhr

Nicht jede Bildfindung bestechend, aber wie die Geschichten der trans Personen bei Paul B. Preciado in die ORLANDO-Figur übergehen, ist schon sehr schön. Virginia Woolf, gegenwärtige Biografien und eine Revolution, der wir beiwohnen, ergeben eine sagenhafte queer temporality. Vor allem ist der Film eine Feier (und das screening war auch eine).

Kathrin Peters am
18. Februar 2023 um 23:39 Uhr

Kluge Text-zu-Biografie-zu-Bild-Übergangsstrategien galore in Paul B. Preciados ORLANDO. Nichtunddoch Doku, Spielfilm, Performance. Schön selbstverständlich empowernd, erwartbar anti-identitär, und Pierre und Gilles sowie Virginie Despentes kommen auch drin vor. (75cp)

Ekkehard Knörer am
18. Februar 2023 um 16:24 Uhr

Jesse Eisenbergs Ralphie ist ein Travis Bickle der Gegenwart: ein Uber-Fahrer, der zum Incel-Spinner wird. MANODROME ist trotzdem kein TAXI DRIVER, obwohl das Sujet so spannend wäre – psychologisch dann doch zu plakativ trotz mancher aberwitziger Momente.

Dominik Kamalzadeh am
18. Februar 2023 um 16:01 Uhr

+ Sean Penn, der schon auch ambivalent im BHL-Segment schwimmende Weltschmerzmann, ist natürlich einerseitsandererseits, aber wie er da mit Selenskyj (und dem Personal des berühmten «We are all here»-Videos) tatsächlich in den allerersten Stunden der russischen Totalinvasion irgendwo in Kiew im Untergrundbunker sitzt und letzterer sofort begreift, dass er von nun an solche Gespräche mit solchen Leuten als Kommunikationskanäle nutzen muss, egal wie kompetent diese als Mitdenkende sind: schon ein Dokument der Zeitgeschichte (SUPERPOWER).

Simon Rothöhler am
18. Februar 2023 um 14:01 Uhr

2x Dokumentarisches: Jede Sekunde entertaining & ziemlich klug im Fernseharchiv unterwegs, der BOOM BOOM-Boris-Film von Alex Gibney (noch besser wäre eine achtstündige Ion Tiriac-Doku oder ein reiner Interviewfilm mit John McEnroe, dem Aggro-Huster der Herzen)

Simon Rothöhler am
18. Februar 2023 um 14:00 Uhr

MAD FATE zeigt uns ganz selten einmal Hong Kongs Skyline, ansonsten: vier, fünf Figuren, Hausflure, Gassen, Friedhöfe, eine schwarze Katze. Ein Hong Kong, überschaubar wie ein Dorf. Das Schicksal waltet hier unerbittlich. Die Held:innen kämpfen gegen an – und bekommen es mit einem Killer zu tun, der immer dann auszieht, wenn es regnet. Regen gab’s schon reichlich im Schwarzweißalbtraum von Soi Cheangs Vorgängerfilm, LIMBO. In MAD FATE – der neben Semi-Giallo auch Buddy-Komödie ist – explodieren nun förmlich die Farbwolken. (Special)

Tilman Schumacher am
18. Februar 2023 um 10:55 Uhr

Schwarzweiße Digitalbilder, lange Einstellungen, die Lust am Dialog und an beiläufig inszenierten Drehbuchirritationen, die eine alltäglich scheinende, in abgezirkelter Welt spielende Story letztlich doch traumgleich macht: Yoo Heong-juns Debütfilm REGARDLESS OF US schrammt gerade noch so am Hong-Sang-soo-Epigonentum vorbei, er ist etwas barmherziger zu seinen Figuren, interessiert sich mehr für die Nacht und weit weniger für den Soju. (Forum)

Tilman Schumacher am
18. Februar 2023 um 10:55 Uhr

Props an die Continuity von Sean Penns und Aaron Kaufmans SUPERPOWER (Spezial), die sichergestellt hat, dass in jeder Szene, in der Sean Penn allein in die Kamera spricht, die Zutaten für das Mischgetränk Wodka Tonic gut sichtbar sind.

Hannah Pilarczyk am
18. Februar 2023 um 09:46 Uhr

Hochinteressante Archivausgrabung eines verfemten Films zur Arbeitsmigration: Korhan Yurtsevers KARA KAFA aus dem Jahr 1979 (Ruhrgebietsdokument, historische Intersektionalitätsforschung, Schweigeminute im Delphi – die Arbeit der Sinema Transtopia-Gruppe, die im Wedding das vielversprechendste Kinoprojekt der Stadt betreibt, ist in jeder Hinsicht revitalisierend).

Simon Rothöhler am
18. Februar 2023 um 09:02 Uhr

Ich dachte schon das Hongkongkino gäbe es nicht mehr. Ein Irrtum wie mir MAD FATE (Special) beweist. Verrückt im besten Sinn alles auf Zeichenempfang und Triggerüberwindung ausgerichtet. Mein Trigger: das Kantonesische.

Bert Rebhandl am
18. Februar 2023 um 08:56 Uhr

GEHEN UND BLEIBEN: eine Landschaftsporträtfilm gewordene «Geobiografie» Uwe Johnsons, der ein Mal aus dem Archiv heraus auftritt und von sich selbst sagt: «Nach dem Examen sogleich erkannt als nichtgeeignet für die Beschäftigung in staatlichen Institutionen.» Koepp verbaut postelegisch & uneitel nicht selten Outtake-artiges Material & lässt Leute vor der Kamera einfach reden, auch im heftig niedergehenden Platzregen, wenn sie ihr Tarkowski-Dissertationsprojekt von anno dazumal als aktuell hochrelevantes Topthema verkaufen wollen: schon toll. (Forum)

Simon Rothöhler am
18. Februar 2023 um 08:16 Uhr

NOTRE CORPS – unsere Seele – unsere Technik: Claire Simons Film aus der Gynäkologie war der schönste Berlinale-Auftaktfilm, den ich mir hätte wünschen können. Frauenkörper unter pharmakologischen und digitalen Bedingungen und doch: ourselves.

Kathrin Peters am
18. Februar 2023 um 08:00 Uhr