serien 2014

18. Dezember 2014

Black Mirror Serienheft Countdown VIII (und Ende)

Von Ekkehard Knörer

Im Christmas Special, das vorgestern auf Channel 4 lief, ist Jon Hamm eine schmierige Type, die Leute in ein merkwürdiges Ei hinein klont. Okay, da müsste man jetzt weiter ausholen, wie man zu jeder der bislang sieben Folgen von Black Mirror etwas ausholen müsste. Schließlich spielt jede von ihnen in einer anderen dystopischen Zukunft, in der der eine oder andere unangenehme Zug der Gegenwart sehr viel deutlicher als aktuell schon ausgeprägt ist. Daher der Titel: Blick in den Spiegel, der aber nur die schwärzeren Momente der Gegenwart als mögliche Zukunft zurückwirft. Zum Beispiel geht es, Folge eins, um einen Konzeptkunst-Entführer, der den Prime Minister dazu erpresst, vor laufenden Kameras ein Schwein zu vögeln. Folge zwei: Eine Welt, in der das höchste der Gefühle eine Karriere als in Superstar-Contests gecastete Reality-TV-Figur ist. (Der Alltag ist ein mediengesättigter Treadmill-Alltag im buchstäblichsten Sinn.) Die medienkritischen Prämissen sind in allen Episoden eigentlich eher nicht das Interessante, sondern selbst eher run of the mill. Auch die Sci-Fi-Topoi sind durchweg vertraut, wenngleich meist interessant und mit Lust an der jeweils finstersten Konsequenz weitergedacht. Gut ist die souveräne Selbstverständlichkeit, mit der Charlie Brooker die aktuellen sozialen und anderen Medien in seinen Zukünften installiert. Gut ist auch, dass er - wie jede Satire, die Spaß macht – eine komplizenhafte Freude am Dystopischen hat, das er ausmalt. Hochinteressant ist, wie Zynismus und Moralismus einander dabei ständig in den Schwanz beißen; am klarsten politisch in der Folge um die Animationsfigur Waldo, die in Wahlkämpfe eingreift – der Zauberlehrling, der hinter ihr steckt, steigt aus, aber den Erfolg der nihilistischen Figur stoppt er damit nicht. Charlie Brookers Vision ist immer ungefähr diese: Widerstand ist letztlich zwecklos, weil das System ihn immer irgendwie assimiliert – und es führt trotzdem kein Weg daran vorbei, widerständig zu bleiben.

Eine Folge, die erste Episode der zweiten Staffel, führt quasi direkt in den Serienschwerpunkt des Hefts, das heute erscheint. «Be Right Back» malt sich eine Revenantenfigur aus, die denen, um die es in meinem Text «Zurück-Sein» in cargo #24 geht, auffällig gleicht. Ausdrücklicher als in anderen Wiedergänger-Geschichten ist hier der Wunsch der Vater der Wiederkunft eines Toten. Hayley Atwell spielt eine Frau, deren Mann stirbt – und der erst als Audio-Software (à la Her), dann als Körperklon wiederkehrt: echt und nicht echt, fremd und vertraut. Er endet, auch eine schöne und so noch nicht gesehene Pointe, als untoter «Ex-Mann in the Attic». Als ich den Text fürs Heft schrieb, kannte ich Black Mirror noch nicht – sollte ich, wovon ich angesichts der Konjunktur der Figur ausgehe, weitere Revenanten sichten, werde ich an dieser Stelle gerne berichten.

Black Mirror, 2 x 3 Folgen, plus Christmas Special, Channel Four, 2011ff., Charlie Brooker