crush

Crush Channing Tatum

Von Elena Zanichelli

© Warner Bros.

 

Ich habe eine idée fixe. Wie kann man sich im Jahr 2012 (als Kunsthistorikerin) begeistern für einen jungenhaft aussehenden Körper, für makellos glatte, matte Haut, für die leuchtend grün schielenden Augen, die Rückwärtssalti und die aus dem hochgekrempelten Hemd hervorstechenden Bizeps? Für eine (neo-)klassizistisch anmutende Männlichkeit gibt es hier zu viel an Sixpacks. Vielleicht kommt ihm Michelangelos David am nächsten, doch davon steht neben der Bühne des Xquisite, dem Striplokal in Magic Mike, bloß eine vergoldete 160 cm-Reproduktion. Eine der ersten Szenen dieses Films ist der Auftritt der «Cock-Rocking Kings of Tampa», bei dem ich Tatum zum ersten Mal bewusst wahrnehme. Zwischen der überemphatischen Virilität des David und der jungenhaften Androgynität Alex Pettyfers als Adam «Kid» passiert viel auf und hinter dieser Bühne der einwickelnden Kamerafahrten, die die tanzenden Männer zu einem lustvollen Bild werden lässt.

Channing Tatum ist mittlerweile in aller Munde. Was macht dieser Schauspieler, dass alle Frauen schreien, wenn er in der Ellen-DeGeneres-Show auftritt? Seine Geschichte wird hier schneller gezeigt als erzählt. Vom Giorgio-Armani-Model zum prallen Slipträger für Dolce & Gabbana. Von den hochglänzenden Seiten der Uomo Vogue zum sexiest man alive war es sicher ein schwieriger Weg: Tatum verdiente sein erstes Geld mit Tanzen und Strippen, bevor er zum Schauspieler und schließlich gar zum Filmproduzenten wurde. Die Frauen schmelzen dahin und ich möchte fast verzagen – ist diese Leidenschaft nicht trivial? Wäre Matthew McConaughey – auch vom Alter her – nicht der bessere Schauspieler? Schließlich kann der auch singen. Als Magic Mike macht Tatum, wie in einem Bildungsroman, eine Wandlung durch. Der Trizeps wird soziales Kapital, und schließlich symbolisches. Hinter der perfekten, olivenfarbigen Schale, neben den Pirouetten und den Liegestützen und dem Beckenkreisen träumt Mike von einer aufrichtigen Beziehung im richtigen Leben als kreativer Kleinunternehmer. Und wie Tatum vom Stripper zum Filmproduzenten wurde, so wird auch der liebende Mike vom Tänzer zur Person(a).

Bei und mit Ellen hört Tatum keine Sekunde auf zu lächeln, belustigt über die eigene kreiselnde Hüfte seiner Lapdance-Einlage.Was ließe sich aus dieser Szene für die Frage nach der Lust am Schauen schließen? Ich habe keine Antwort. Ich staune und lache mit Ellen weiter. Tá-Tùm. Túm.