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Vanity Triptychon

 

Seit 1995 versammeln sie sich einmal jährlich, im Smashbox Studio in Culver City, in einer leer stehenden Etage des Chrysler Building, an einem gesperrten Abschnitt von Miami Beach, werden in pastellfarbene Lingerie, pompöse Abendgarderobe, Satinexzesse oder sehr wenig gesteckt, um etwas zu produzieren, das man ausklappen kann. Globalfilmstars und solche die es werden wollen, kommandoartig zusammengezogen vom wichtigsten Lifestyle-Magazin der Welt, in Aufstellung gebracht für den Blick von Anne Leibovitz oder Mario Testino, nach wochenlangen Positions-Verhandlungen mit einer Armee ausgebuffter Agenten. Worum es geht: ein Triptychon der besonderen Art, der linke Flügel ist der entscheidende. Wer sich hier repräsentiert sieht, ist hot, upcoming, schon durchgesetzt oder maximal aspirierend, auch wenn ein Blick in die siebzehnjährige Geschichte dieses Formats lehrt, dass Will Smith, Charlize Theron, Naomi Watts, Scarlett Johansson eingeklappt, im rechten Flügel stattfanden, während die Karrieren von Matthew McConaughey, Thandie Newton, Monica Potter, Wes Bentley ihren Gipfel genau darin finden sollten, einmal Coverboy, Covergirl der jährlichen Hollywood Issue der Vanity Fair gewesen zu sein. Ein amerikanisches Ritual, gewidmet der «one true indigenous entertainment art» abgebildet und geschaffen, es geht auch um Kurserwartungen, die sich einlösen können oder nicht. Vanity Fair hat mit diesem Ritual im Grunde ein eigenes Genre definiert: Hofmalerei unter den Bedingungen des fotografischen Zeitalters. Dass tatsächlich alle Abgebildeten zur gleichen Zeit am selben Ort erwartet werden, ist eigentlich ein Anachronismus in Zeiten avanciertester Fotomontagen, des Mashings. Doch liegt in der gleichzeitigen Anwesenheit genau der Punkt: Wie bei einer Hochzeit oder einem Thronjubiläum ermöglicht das feierliche Datum einen Schnitt durch die Zeit, der in der räumlichen Anordnung der Figuren, in ihrer Inszenierung zueinander im Detail, ein Moment subtiler Hierarchisierung bekommt, das Hollywood als «Familie» erscheinen lässt. Während das Playboy-Centerfold den Betrachter in die Intimität eines Kontakts mit einer nackten Schönheit versetzt (aufklappbar, als würde ein Geheimnis gelüftet, dabei sind es nur Retuschen), spielt das Vanity-Fair-Triptychon mit dem öffentlichen Moment des Musealen, das in der Bildenden Kunst den Wert vorwegnimmt, den das Werk auf dem Weg durch die Institutionen erst erlangen muss. Irgendwann wachsen die Stars aus diesem Format hinaus und landen dort, wo auch bei Vanity Fair die Norm liegt: beim individuellen Cover, und damit bei der Großaufnahme, die in der jährlichen Hollywood-Ausgabe zugunsten der Totale zurückgestellt wird. Im buchstäblichen Sinn des Wortes ist dieses Titelbild ein «establishing shot», auf dessen Grundlage die Erzählung vom Aufstieg und Fall der Stars immer wieder neu beginnen kann. reb & rot