spielfilm

29. Mai 2011

Unstoppable Zu Source Code von Duncan Jones

Von Simon Rothöhler

© The Mark Gordon Company

 

Im Source Code sein ist eine melancholische Erfahrung, weil das Bewusstsein trotz aller Gerichtetheit auf eine zu verhindernde Zukunft um das Irreversible weiß. Geschichte wiederholt sich nicht, sondern variiert die immergleiche Finalität. Auch eine Definition menschlicher Freiheit, aber wie schön ist dieser sechsmalige digitale Kameraanflug auf den fahrenden Todeszug; ein Actionfilm von Ophüls, Letters from Unknown Victims. Die Uhr läuft, wer ist diese Frau, warum habe ich immer nur acht Minuten, was ist statisch, was kann ich hier noch ändern, wieviel enger wird meine Welt, wenn ich ihre Bewegungen zu antizipieren weiß. Tote sprechen mit Toten, um (noch) Lebende zu retten; ein Zombiefilm über Wiederholungszwang und Vergeblichkeit, eher Melodram als «Mind-Game-Movie», der Appell ans soldatische Pflichtgefühl post mortem ein böser rechter Witz. Erst ganz am Schluss entscheidet sich dieser großartige Film für eine falsche Konvention der Tröstung (die nicht tröstet), weil er die sympathische Idee eines gelingenden Lebens in der gottlosen Parallelwelt unbedingt wieder auf die Tatsachenwirklichlichkeit zurückbiegen will. Dass etwas schon passiert ist, dass es einfach nicht mehr zu ändern ist, dass das ständige Replay eines willkürlich gesetzten Anfangs, als alles (noch) gut war, daran eben auch nicht rütteln kann, hält der Film selbst nicht aus, als sei er eine Psyche, die lieber mit einer funktionierenden Selbsttäuschung weiterlebt, als die Zäsur als solche anzuerkennen. Dabei gab es schon ein tolles Schlussbild, eine verzerrte Kugel-Spiegelung, die etwas einfängt, was mit Ich-Sein, Ich-Bleiben um jeden Preis nichts zu tun hat. Davon träumt Jake Gyllenhaal wohl auch, der immer erschrickt, wenn er sich im Spiegel nicht wiedererkennt: Genießen ohne Gedächtnis.

Source Code (Duncan Jones) USA/F 2011, Kinostart am 2. Juni