spielfilm

31. Dezember 2008

Screwball

Von Ekkehard Knörer

Ich habe drei Screwball-Comedies gesehen zwischen den Jahren in Paris. In einer wird eine Familie konstituiert, aber so, dass erst mal ein Baby da ist, verwaist. Die Mutter, zuerst, und der Vater, danach, und der Großvater, zuletzt, aber als einziger sofort begeistert, finden sich hinterher ein. Das Baby heißt John und klatscht oft in die Hände. Ginger Rogers und David Niven und Charles Coburn üben sich in der Kunst des slow burn in Goßaufnahme. Das sich überm Baby begegnenden Liebespaar aus Warenhaus-Juniorchef und Verkäuferin hat darüber hinaus einer Aufziehpuppe mit Namen Donald Duck viel zu verdanken. (Garson Kanin: Bachelor Mother, 1939)

In der zweiten der Screwball-Komödien macht eine Frau aus dem gesellschaftlichen Nichts, aus dem sie wie aus einem Güterbahnwaggon in den Film purzelt, eine Menge. Den, den sie haben kann, nimmt sie zunächst nicht, weil sie erst lernen muss, das, was sie haben könnte, gar nicht zu wollen. Einem anderen verdreht sie den Kopf um, sagen wir, 360 Grad und im Grund ist der Film nicht mehr und nicht weniger als der schwindelerregend komische Nachvollzug dieser Bewegung. (Michell Leisen: Midnight, 1939)

Im dritten Film will eine Sekretärin, die ihrem Boss in fast jeder Hinsicht über ist, diesen eben darum oder trotzdem haben. Sie kriegt ihn und versohlt, was man hört, aber nicht sieht, seine Tochter. Die Reihenfolge ist freilich umgekehrt. Dann betrinkt sie sich mit einem anderen Mann in einem Schaufenster in einer anderen Stadt und zerlegt das Familienglück der versammelten Puppen. Es ist, als hätte sich in diesem eben darum oder trotzdem temporeichsten der drei Filme, in dem, wie in Midnight, Claudette Colbert die Hauptrolle spielt, alles, was an den anderen Screwball-Komödien genderpolitisch und gesellschaftlich weggeblendet wird durch Verlachen, als bitterer Bodensatz zur Beinahe-Screwball-Tragödie verdichtet. (Gregory LaCava: She Married Her Boss, 1935)