dokumentarfilm

26. September 2016

Der vergangene Aufstand Filmhinweis für Berlin: Der Hamburger Aufstand Oktober 1923

Von Bert Rebhandl

© absolut medien

 

Im Oktober 1923 machen kommunistische Arbeiter im Hamburger Stadtteil Barmbek Ernst mit dem bewaffneten Aufstand. Sie sind (mit 19 Gewehren und 27 Revolvern) hoffnungslos unterlegen, und nach einem Tag und einer Nacht ist die Sache auch schon wieder erledigt. «Im übrigen Deutschland kam nichts“, sagt einer, der sich 1971 daran erinnert. Klaus Wildenhahn, Gisela Tuchtenhagen und Reiner Etz sprachen damals mit Zeitzeugen über eine versäumte Gelegenheit: denn «nie wieder gab es einen so günstigen Moment für eine sozialistische Revolution in Deutschland».

Diesen Satz, den die Filmemacher möglicherweise mit Bedauern zitieren, entnehmen sie einem Buch der Journalistin Larissa Reissner. Wenn man den Film heute sieht – ich kenne nur die kurze Fassung –, dann ist die Frage nach diesem Bedauern der entscheidende Punkt. Denn 1923 ging es darum, ob Deutschland dem Beispiel der Sowjetunion folgen sollte. Diese Hoffnung hatte 1923 einen anderen Kontext als 1956, als 1971 oder als heute.

«Damals strahlte die Oktoberrevolution ungeheuer über Europa aus», heißt es in Der Hamburger Aufstand. Aber kann man noch einmal zu dieser Ausstrahlung zurück? Wildenhahn notiert selbst eines der historischen Daten, durch das hindurch die Bewegung des Films geht: «Um zu 1923 zu kommen, müssen wir noch einmal von 1933 hören.» Alle Zeitzeugen, die zu Wort kommen (ein Dutzend Hamburger Kommunisten, die 1923 jung waren und mit denen der Film sich «einseitig und ausschließlich» beschäftigt), wurden von den Nazis verfolgt.

Aber genauso müsste man von Stalin sprechen, dessen Politik wohl auch Larissa Reissner zum Opfer gefallen wäre, wäre sie nicht schon 1926 an Typhus gestorben. Die Komplexität dieses sich ständig neu konstellierenden Blicks auf Geschichte wird wohl in der langen Fassung noch deutlicher hervortreten.

 

Der Hamburger Aufstand Oktober 1923 (BRD 1971) von Klaus Wildenhahn, Gisela Tuchtenhagen und Reiner Etz heute um 20.00 im Arsenal 1 im Rahmen der Reihe Die Ästhetik des Widerstands – Peter Weiss 100. Einführung von Florian Wuest

Aus 1989 stammt die stark komprimierte TV-Version Barmbek: Der Aufstand wird abgebrochen. Über den Hamburger Aufstand 1923 (43 Minuten), die in der bei Absolut Medien erschienenen Wildenhahn-DVD-Box enthalten ist