debatte

13. März 2010

Gegen Schütte Protest

Von Ekkehard Knörer

Vom Ärger um den durch Proteste der Studierenden ausgelösten Abgang des DFFB-Direktors Hartmut Bitomsky im letzten Jahr hatten wir berichtet. Alle Versuche, damals mehr Licht ins Dunkel zu bringen, waren an einem expliziten Beschluss der Studierendenschaft gescheitert, auf Transparenz für die Öffentlichkeit zu verzichten. Jetzt allerdings ist die Kacke durchaus sehr öffentlich am Dampfen. Gegen den ausdrücklichen Willen der Studierenden (und der DozentInnen) soll nämlich Jan Schütte als neuer Direktor installiert werden. Ein Dossier, das mich per Mail erreicht, hat die folgenden zwei Teile:

(1) Studenten werfen Senat undurchsichtiges Verfahren bei der Direktorenwahl vor (Chronologie der Ereignisse)

(2) Warum Jan Schütte eine Fehlbesetzung für den Direktorenposten der dffb ist (Polemik)

Das alles ist nicht so ganz einfach aufzudröseln, was an der komplizierten Konstruktion der DFFB, nicht zuletzt auch am Junktim zwischen DFFB-Leitung und gleichzeitiger UdK-Professur liegt. Bottom Line jedenfalls: Das Wahlergebnis bei den vier zur Auswahl stehenden KandidatInnen sah auf studentischer Seite eindeutig aus:

1. Sophie Maintigneux            49,2%            64 Stimmen
2. Bela Tarr                                27,7%            36 Stimmen
3. Jan Schütte                           18,5%             24 Stimmen
4. Dr. Lars Henrik Gass            4,6%               6 Stimmen

[Ich hatte die Ergebnisse kurz herausgenommen, aufgrund nicht zuletzt mehrerer Mails, aus denen zu zitieren mir dann aber gleich wieder verboten wurde. Das nervt. Es geht hier um eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse. Die Liste der KandidatInnen dokumentiert, welche Optionen hier zur Auwahl standen. Ebenso dokumentiert das interne Abstimmungsergebnis, dass es unter den Studierenden verschiedene Fraktionen gab – ein Eindruck, den die Kommentare zu diesem Eintrag mehr als bestätigen. Es ist gewiss "bewährte" Politik, all das immer schön unter der Decke zu halten. In wessen Interesse soll das aber sein, wenn nicht in dem derjenigen, die sich der Diskussion nicht stellen, die keine Transparenz für ihre Entscheidungen herstellen wollen? Also: Wir machen das hier so transparent und sichtbar wie möglich. EK]

Die UdK aber wollte den Filmemacher Jan Schütte und der Senat hat sich sowohl über den Willen der Studierenden als auch – grundsätzlicher – über das eigentlich festgeschriebene Prinzip der paritätischen Mitbestimmung einfach hinweggesetzt und will nun auch Jan Schütte installieren. Über diesen heißt es in der Polemik des Dossiers:

Jan Schütte ist ein Produkt der Hamburger Filmförderungsszene. Seit
den späten achtziger Jahren hat er bei einer Reihe von Dokumentar- und
Spielfilme Regie geführt. Er war auf diversen Festivals vertreten und
hat an angesehenen Universitäten unterrichtet. Durch die Wahl der
Sujets aus Literatur- und Theatergeschichte versprühen seine Filme
eine gewisse Arthouse-Aura, die ihn in den Verwaltungsgremien als
Direktorenkandidat für dffb qualifiziert. Beim genaueren Hinsehen ist
aber kaum eine inhaltliche Substanz und ein greifbarer Formwillen in
seiner Arbeit erkennbar.

Das würde ich persönlich zwar etwas anders formulieren, in der Sache aber scheint es mir richtig. Und in der Tat wäre Schütte – schon gar, wenn man die Kamerafrau Sophie Maintigneux als viel überzeugendere Gegenkandidatin im Vergleich dazu sieht – wohl eine Katastrophe. Eine, die sich bestens ins Bild fügt, das die deutsche Film- und Filmförderbürokratie seit vielen Jahren schon abgibt. Die DFFB als, so weit ich sehe, letzte noch halbwegs für ästhetisch anspruchsvolles Filmemachen offene Institution, soll nun den Weg der sozialdemokratisch inspirierten Verlangweiligung durch totales Mittelmaß gehen. Die Berlinale ist Ödland, im Fernsehen bleiben nur vereinzelte RedakteurInnen als letzte Festungen gegen die Totalverblödung, die Filmförderei ist im wesentlichen Standortpolitik, die Akademie nivelliert selbstbestimmt, was ihr vor die Flinte kommt, die anderen Filmhochschulen sind in wesentlichen Teilen auf das durch diese anderen Umstände so erst geschaffene Marktumfeld fixiert.

Die Studierenden der DFFB sind jetzt erst einmal in Streik getreten. Ich habe, das sage ich ausdrücklich, keinen weiteren Einblick in den Verlauf der Ereignisse und gerade auch nicht wirklich Lust und Möglichkeit, die Informationen zu überprüfen. Gegenstimmen, aufklärende Andersmeinungen und genauere Insiderinformationen etc. deshalb bitte jederzeit in den Kommentaren.