cannes 2015

14. Mai 2015

Short Message Service 2015

Von Dominik Kamalzadeh und Cristina Nord

Ciro Guerras «El abrazo de la serpiente», Gewinner der Quinzaine: schwarz-weiße Flussfahrt mit einigem Gepäck («Apocalypse Now», «Los pasos perdidos», Werner Herzog, Hubert Fichte...) und manchmal allzu eindeutigen Dialogen. Aber auch mit tollen Bildern aus der Schlangengrube und einem schönen Zugang zu animistischer Weltsicht.

Cristina Nord am
23. Mai 2015 um 20:17 Uhr

«Comoara» von Corneliu Poromboiu: Hell aus dem dunklen Vergangnenleuchtet die Zukunft hervor. Mit Mercedes-Aktien und Bling Bling für den Kinderspielplatz und verschleppter Schipperei.

Cristina Nord am
22. Mai 2015 um 22:43 Uhr

Guillaume Nicloux' «Valley of Love» schickt Isabelle Huppert und Gérard Depardieu in die Wüste, und ich geh' gerne mit.

Cristina Nord am
22. Mai 2015 um 13:40 Uhr

Hou Hsiao-hsiens «Nie Yinniang» lässt mich die vielen mäßigen Wettbewerbsfilme von der ersten Einstellung an vergessen. Was eine Eleganz, was ein Gespür für Rhythmus, Farbe und den richtigen Abstand zu Figuren und Geschehen!

Cristina Nord am
21. Mai 2015 um 18:23 Uhr

die bildtexturen von hous ASSASSIN sind geradezu verblüffend schön: kerzen, die in unschärfen zerfließen. vorhänge, die schleier über die raumtiefe legen. kämpfe, die wie messerstiche in den film hineinfahren.

Dominik Kamalzadeh am
21. Mai 2015 um 13:01 Uhr

jia betritt mit MOUNTAINS MAY DEPART wieder neues terrain: ein tryptichon, zuerst im stile eines klassischen filmmelos, dann als seltsam unebene golabalisierungsparabel aus der nahen zukunft.

Dominik Kamalzadeh am
21. Mai 2015 um 00:05 Uhr

Jia Zhang-kes «Shan he gu ren» verirrt sich ein wenig, sobald er in die Zukunft springt und chinesischen Auswanderern in A-City zuschaut, die an schlimmer Entfremdung leiden. Aber solange der Film durch Fenyang streift, ist er in Bestform.

Cristina Nord am
20. Mai 2015 um 12:16 Uhr

Der dritte Teil von Gomes' «As mil e uma noites» führt unter anderem zu den proletarischen Singvögelzüchtern in den Vorstädten von Lissabon: Finken gegen Flugzeuglärm. Und wieder eine tolle Mischung aus Märchen, Metafiktion und Chronik.

Cristina Nord am
20. Mai 2015 um 12:06 Uhr

An Apichatpong Weerasethakuls tollem «Cemetery of Splendour» schlägt unter anderem in den Bann, was für einen große Rolle Abwesend-Anwesendes spielt. Tausend Jahre alte Könige, die unter einem improvisierten Krankenhaus bestattet sind und Zugriff auf die Gegenwart haben, ein unsichtbares Waschbecken aus einem Palast, dessen Grundrisse man sich im trockenen Laub vorstellt, oder Träume, die die Bilder mal grünlich, mal rötlich, mal gelblich einfärben.

Cristina Nord am
19. Mai 2015 um 15:40 Uhr

apichatpongs CEMETERY OF SPLENDOUR enttäuscht nicht. ein film, der einen sofort in einen anderen wahrnehmungszustand versetzt und die gegenwart eines soldatenspitals ganz sachte zu anderen zeitebenen hin öffnet. mysteriöser minimalismus, der in den wettbewerb gehört.

Dominik Kamalzadeh am
18. Mai 2015 um 19:13 Uhr

Diese balearische Bewältigung der deutschen Vergangenheit geht voll daneben: Barbet Schroeders «Amnesia»

Cristina Nord am
18. Mai 2015 um 15:24 Uhr

Ein Papagei frisst nur noch fettarme Körner, ein Olivenbaum spricht lautlos, und Dixie, der Schoßhund, spielt mit seinem transparenten Alter Ego. Ganz zu schweigen von der Richterin, die im Geschichtengewebe verzweifelt. Auch der zweite Teil von Gomes' Erzählungen aus dem versehrten Portugal ist großartig.

Cristina Nord am
18. Mai 2015 um 12:38 Uhr

Eine Überraschung ist Nanni Morettis «Mia madre»: Die Balance zwischen Komischem und Traurigem klappt wunderbar, und John Turturro liefert eine tolle Performance nach der nächsten ab. Zum Beispiel, wenn er in einem geriggten Auto sitzt, nichts sieht, fahren und zugleich Italienisch reden muss.

Cristina Nord am
17. Mai 2015 um 10:27 Uhr

«Carol» kapselt sich in einem eleganten Klassizismus ein und verzichtet dabei auf die Vielschichtigkeit, die man von Todd Haynes gewöhnt ist. Schön anzuschauen ist er trotzdem.

Cristina Nord am
17. Mai 2015 um 10:26 Uhr

man kann sich an den stoffen und farben von haynes' CAROL zwar erfreuen, aber insgesamt blieb mir der film etwas zu dekorativ, und die liebe der frauen zu wenig greifbar.

Dominik Kamalzadeh am
17. Mai 2015 um 08:27 Uhr

Euphorie nach der Premiere von Miguel Gomes' «As mil e uma noites – Volume 1, o inquieto». Wie schön, das noch zwei Teile folgen.

Cristina Nord am
16. Mai 2015 um 22:07 Uhr

im ersten teil von miguel gomes' ARABIAN NIGHTS ergreift der regisseur die flucht und lässt dafür jene über die verheerende eu-wirtschaftspolitik sprechen, die sie betrifft - auch ein hahn ist darunter. ein großes panorama, das lust auf mehr macht.

Dominik Kamalzadeh am
16. Mai 2015 um 14:53 Uhr

Zum elaborierten Score von Arnaud Desplechins TROIS SOUVENIRS DE MA JEUNESSE gehört auch das äthiopische Lied «Tezeta», das ich sehr liebe. Damit spätestens hat mich dieser Doppelgänger eines Prequels (auch wenn ich das Fehlen von Emmanuelle Devos nicht ganz verwinde).

Cristina Nord am
16. Mai 2015 um 12:36 Uhr

The Lobster von Yorgos Lanthimos hält, was er verspricht. Unter anderem, weil einmal eingeschlagene narrative Pfade schnell wieder verworfen und durch andere ersetzt werden. Die Fantasie von der nahen Zukunft schlägt immer neue Haken

Cristina Nord am
16. Mai 2015 um 00:13 Uhr

THE LOBSTER von yorgos lanthimos, bester film im wettbewerb bisher: eine surreale dystopie, die auch den zuschauer immer wieder souverän auf falsche fährten führt.

Dominik Kamalzadeh am
16. Mai 2015 um 00:12 Uhr

gus van sant im dauertief: THE SEA OF TREES ist eine einzige esoterische bauchlandung.

Dominik Kamalzadeh am
15. Mai 2015 um 21:01 Uhr

«Saul fia» von Laszló Nemes: Wenn man Georges Didi-Hubermans «Bilder trotz allem» falsch versteht, dann entfesselt man die Kamera, gibt den Plansequenzen-Meister und dreht ein Antigone-in-Auschwitz-Debüt. Die Vernichtung ist dabei erstaunlich sichtbar, meist in der Unschärfe oder am Bildrand. Oder hörbar. Und ich sehne mich in all dieser ausgestellten Virtuosität, dieser Kraftmeierei nach Claude Lanzmanns Bilderverboten.

Cristina Nord am
15. Mai 2015 um 11:08 Uhr

Toll ist Garrels «L'ombre des femmes» unter anderem auch deshalb, weil er so unverfroren mit der delusion of grandeur des Protagonisten umspringt.

Cristina Nord am
15. Mai 2015 um 01:27 Uhr

quinzaine-auftakt mit einem 70minütigen philippe garrel: eine art remarriage-comedy, nur spröder. lakonisch, präzise entworfene perspektiven auf untreue partner.

Dominik Kamalzadeh am
14. Mai 2015 um 14:26 Uhr

Zum Eröffnungsfilm LA TÊTE HAUTE nur so viel: Wenn sich das Realismus-Konzept darin erschöpft, dass Sara Forestier als White-Trash-Mom eine faulige Zahnprothese tragen muss, geht etwas grundlegend schief.

Cristina Nord am
14. Mai 2015 um 11:56 Uhr