netzkino

28. Juli 2009

Youtube Copyright Grau bis schwarz

Von Ekkehard Knörer

Im aktuellen Film Comment findet sich ein Artikel des argentinischen Filmkritikers Quintín über eine Internet-Filesharing-Börse, die er weder beim richtigen Namen noch bei der Internet-Adresse nennt. Sein Codewort dafür lautet «Black Crow» – jeder, der diese Börse kennt, weiß warum. Wenn er schreibt, dass es da alles gibt, was das cinephile Herz begehrt, übertreibt er weiß Gott kaum. Vor allem gibt es dort vieles, das man nirgends sonst findet; schon gar nicht legal. Er erwähnt in diesem Artikel auch, dass kaum einer seiner cinephilen Freunde dort nicht Mitglied ist. Ich kann diesen Eindruck aus dem eigenen Umfeld nur bestätigen.

Mein Eindruck ist: Auch die Zahl der cinephilen Youtube-Kanäle nimmt rasant zu. Gewiss, da wird gelöscht, einzelne Titel und auch ganze Kanäle. Nur stecken da nicht das Geld und die Energie und die Manpower dahinter, die die Industrie mit ihren Löschindustrie-Abteilungen und inzwischen auch ihrer Mustererkennungs-Löschsoftware sich leisten kann. Dergleichen ist den sich stets nach der Decke streckenden cinephilen DVD-Labels völlig unmöglich. Anspruchsvolles Kino, dessen Produktion nur bedingt irgendwelchen Marktlogiken entspricht, steckt sowies schon in einer Nische, in der sich die Mühe nur mit viel Leidenschaft, Geduld, Idealismus überhaupt rechtfertigen und/oder amortisieren lässt. (Wo ohnehin - so gut wie - kein Gewinn mehr zu machen ist, sieht die Lage übrigens entspannter aus, dazu mehr in einem Gespräch mit dem Ubuweb-Gründer Kenneth Goldsmith im nächsten cargo-Heft.)

Schlimm ist es aber im Fall genau jener DVD-Labels, deren Arbeit wir alle so großartig finden, von Facets bis Carlotta, von Criterion bis Masters of Cinema, von Salzgeber bis Absolutmedien. Wenn das, wovon DVD-Labels leben, die in diese Nischenmärkte ihre ganze Energie stecken, dann einfach gratis und frei als Kopie auftaucht, ist das (für sie) schon eine Katastrophe. Gewiss, nicht jeder illegal online geschaute Film ist identisch mit einer nicht gekauften DVD. Gewiss, es gibt Fälle, in denen die Raukopie sogar eher Werbung macht fürs legal Käufliche. Summa summarum aber ist und bleibt es mit Sicherheit eine höchst problematische Angelegenheit. (Und wo die Verwerter leiden, leiden die AutorInnen in diesem Fall erst recht.)

Ich bin darum hin- und hergerissen in der Frage, was ich im Blog verlinke oder, meist sogar: einbette. Bei Septemberweizen (Peter Krieg) hatte ich schon ein ganz schlechtes Gewissen, weil der Film ja immer noch bei Salzgeber auf DVD greifbar ist. Andererseits bin ich natürlich begeistert, wenn Sachen auftauchen, die es sonst entweder so gut wie gar nicht oder nur ganz entlegen gibt. Meine Daumenregel war bisher, dass ich nur solche Filme hier verlinke und einbinde, die in Deutschland nicht zugleich als reguläre DVD greifbar sind. Ich bin da aber insgesamt unsicher, weniger, was das juristisch, als was das ethisch Richtige ist. Insofern wäre ich über Kommentare von Seiten der Leserinnen und Leser sehr dankbar.