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Metaphysik des Schnitts Und die Aufhebung der Binarität: Über den argentinischen Filmemacher Luis Ortega

Von Bert Rebhandl

Der Engel, der im Mittelpunkt des Films El Ángel (2018) von Luis Ortega steht, trägt viele Namen: Carlos, Carlitos, Carlos Brown, Charlie Brown, bis er schließlich der Polizei in die Hände fällt, die ihn mit seinem bürgerlichen Namen anspricht – Carlos Robledo Puch. Damit wird bestätigt, was schon davor als Spur ausgelegt war, denn der deutsche Name Karl soll für «vollkommene Freiheit» stehen, und der Nachname Puch ist offensichtlich auch ursprünglich deutschsprachig – in dem Dokumentarfilm Beyond Boundaries (2016) von Peter Zach erfährt man dazu Einiges. In einem Film von Luis Ortega zählt jede noch so winzige Anspielung, nicht jede muss aber genau entschlüsselt werden. Es reicht, wenn alles zusammen eine Figur ergibt, die auf eine angelische Weise entrückt oder mit menschlichen Kategorien nicht zu fassen ist. Dann müsste man allerdings die Dimensionen dieser Außerweltlichkeit genauer beschreiben, womit man schon mitten in der Konstruktionsarbeit von Ortega ist. Carlos Robledo Puch, ein junger Mann, noch keine zwanzig, rote Lippen, eine Mähne voller heller Locken, schmächtig, und von Beruf Dieb. «Ich glaube nicht an mein und dein.»

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