spielfilm

24. Mai 2010

Johnny Remember Me Zu Mia Hansen-Løves Le père de mes enfants

Von Simon Rothöhler

© Frenetic Films

 

Ein wirklich schöner Film ist Le père de mes enfants für mich nicht zuletzt deshalb, weil er gerade kein ehrfürchtiges «Denkmal» für Humbert Balsan errichtet, sondern sich durchaus frei oder besser: gelöst und beweglich zu dessen Leben verhält. Ein Mann, der sich nicht in seinem Büro einschließt und erhängt (so wie es wirklich war, Mia Hansen-Løve deutet das in einer Szene, in der schon die Vorhänge den Raum verdunkeln, nur an), sondern in einer Bewegung au trottoir aus dem Leben geht. Dass der Film dann nicht nur weiter, sondern nochmal neu los geht, macht ihn besonders; auch, wie er das Glück, das in dieser Familie in bestimmten Momenten zu Hause war, nicht mit der Tragik verrechnet. Toll neben dem Soundtrack überhaupt der Schnitt, die Montage; nie ruht sich der Film in der Gemächlichkeit langer, starrer Einstellungen aus, immer ist da eine überlegte Dynamik (wie bei Assayas, daran denkt man schon, heimlich). Wenn man in der ersten Hälfte die beiden jüngeren Töchter selbstvergessen miteinander spielen sieht und das Plakat von Poto and Cabengo in Calvens/Balsans Büro dazu denkt, ahnt man schon: die werden nicht nur weiterleben, sondern sich auch eine neue eigene Welt bauen können. Und wenn die ältere Tochter (Alice de Lencquesaing, siehe L'heure d'été) in dem Pariser Café altersgerecht überfordert auf «Heiße Schokolade» umschwenkt und über sich selbst lächeln muss, wüsste ich jetzt erstmal keine klügere Coming of Age-Szene im Kino der letzten Jahre.

 Le père de mes enfants (Mia Hansen-Løve) F 2008