spielfilm

13. Juni 2013

«Glückliche Zigeuner» Filmhinweis: Skupljaci pera (1967) im Zeughaus

Von Bert Rebhandl

© Aleksandar Petrovic

 

Im ehemaligen Jugoslawien war die Vojvodina eine autonome Provinz, nördlich von Serbien, südlich von Ungarn, mit Novi Sad als Hauptstadt, und rundherum Dörfern wie Sombor oder Padina, von denen ich nie gehört hatte, bevor ich mir gestern Skupljaci pera ansah (Ich traf sogar glückliche Zigeuner), Regie: Aleksandar Petrovic (in den Credits steht: Aleksandra Petrovíca, ist das eine Genetivbildung?), Veröffentlichungsjahr 1967 (in Jugoslawien). Anlass ist die Schau Cineromani im Zeughaus-Kino, zu der ich auch in der taz schon etwas geschrieben habe, und auf die ich doch noch ein wenig genauer eingehen möchte. Skupljaci pera gilt als Schlüsselwerk, weil darin die «Cigan» (die Bezeichnung fällt mehrfach, sowohl von Angehörigen wie von Vertretern anderer «Völker» in dem gern als Vielvölkerstaat bezeichneten Jugoslawien) das eigentliche Sujet sind.

Im Mittelpunkt steht Bora, dessen Geschäftsfeld das Aufkaufen von Gänsefedern ist (die offensichtlich das wichtigste Produkt der Region sind). Er teilt sich den Markt mit Mirta, jeder hat zehn Dörfer, Übergriffe kommen vor. Bora hat Familie, aber er schert sich wenig darum, beim Kartenspielen verliert er so viel, dass er mit nacktem Oberkörper nach Hause kommt, und gezwungen ist, den Fernseher zu versetzen. Bora interessiert sich für die junge Tisa, die aber schon einem Mann versprochen ist, von dem sich nach der Hochzeit herausstellt, dass er zu jung ist, um die Ehe zu vollziehen. Tisa ist auch die Stieftochter von Mirta, der sie pro forma verheiraten will, damit er sie sich als Geliebte halten kann.

Tisa möchte Sängerin werden, sie orientiert sich dabei ein wenig an Lenca, einer etwas älteren Schönheit, die wir mehrfach in einem Gasthaus singen sehen, während Bora sich den nächsten Rausch antrinkt. Petrovic erzählt das Hin und Her um Tisa und die Rivalitäten zwischen Bora und Mirta in einem teilweise elliptischen Stil, es ist nicht immer leicht, alles zu verstehen. Manche Episoden sind schockierend, etwa wenn Tisa zu zwei Männern in einen LKW steigt; der erste verführt sie mit einer Kasperlfigur, der zweite vergewaltigt sie und schmeißt sie anschließend hinten zu den geschlachteten Tieren, mit denen sie unterwegs sind.

Der serbisch-orthodoxe Klerus wird deutlich der Lächerlichkeit preisgegeben, allerdings steht dem Film ein Zitat aus dem Lukas-Evangelium voran, das in meiner Version nicht untertitelt war. Ein Esel, der auf den Kirchenfenstern dargestellt ist, ist eine Art Symboltier, ohne dass die Symbolik allzu eindeutig würde. An einer Stelle geht Tisa nach Belgrad und schließt sich dort eine Gruppe von Kindern an, die in Hinterhöfen singen, um ein wenig Geld zu verdienen (eine Szene, bei der ich natürlich an Bruno S. in Stroszek denken musste). An dem Wettbewerb Miss Cinema Europa 66 kann sie nicht teilnehmen. Skupljaci pera endet mit einem Kampf zwischen Bora und Mirta, und mit einem raren Moment von Institutionalität: zwei Polizisten stapfen durch den Dreck von Sombor.

Skupljaci pera (Jugoslawien 1967) von Aleksandar Petrovic läuft am Freitag, 14. Juni 2013, um 21.00h im Zeughaus Kino