spielfilm

5. Juli 2012

Cockfighter Zu Magic Mike von Steven Soderbergh

Von Simon Rothöhler

© Nick Wechsler Productions

 

Für die «cock-rocking Kings of Tampa» ist der amerikanische Mann eine Frage der Maskerade: Trenchcoat, Navy-Anzug, Army-Uniform, Tarzan-Schurz – alles zielt auf den «thong» darunter. Vollepiliert, kulturindustriell gestählt, überzüchtet sind diese Revuekörper; wie die der Las-Vegas-Marionetten in Paul Verhoevens Showgirls, ein Spiegelfilm in vielerlei Hinsicht. Bei Soderbergh sind die Frauen nicht nur besser ausgebildet, sexuell souverän kalkulierend, sondern auch Blickträger. Der male gaze hat Sendepause: «The law says that you cannot touch. But I see a lot of lawbreakers in this house tonight». Selbst Showrunner Matthew McConaughey (your sleaziness: mit Altersschweißperlen) muss sich hier immer wieder sehr tief bücken. It’s all about the Benjamins – für die, die sich zum Affen machen, heißt das: die kleinsten Dollarscheine sammeln, soviel die Tangas tragen können. Oft hängt die Kollekte des kleines Mannes aber schlicht an einem Cowboygürtel. Einen richtigen Kredit bekommen die Stripper in diesem Amerika auch dann nicht, wenn sie in Tarnuniform (Brille, Anzug, Aktenkoffer) in der Bankfiliale auflaufen und so hilflos wie verzweifelt der Sachbearbeiterin einheizen. Es siegt das finanzoffizielle Protokoll und das Muskelpaket weist den Besitzer sowieso als Proletarier und Schuldner aus. Soderberghs bester Film seit Ewigkeiten, sein erster genuin zeitgenössischer seit der 80er Jahre Medienkomödie Sex, Lies and Videotapes, zeigt, wie die lesser depression der amerikanischen Gegenwart in der männlichen Arbeiterklasse ankommt. Dachdeckergeschichten, Hire & Fire: die Reservearmee nennt den Hilfsarbeiterkörper die letzte Kapitalreserve. Magic Mike wird trotz seiner induktiven ökonomischen Basisanalyse unter der Genrebezeichnung «stripper romance» geführt. Das ist voll okay, weil es tatsächlich im Kino lange keine so guten Paar-in-spe-Dialoge gegeben hat wie die zwischen Channing Tatum und Cody Horn. Er will Unikatmöbel bauen, sie muss erst einen Mittelschichtmann überwinden, der sein Geld im fiesen US-Versicherungsdschungel verdient. Man kann über alles vernünftig, mit einfachen Worten sprechen, auch wenn im Hintergrund eine infantile Go-Kartbahn abgeht. Alte New-Hollywood-Schule, super Szene. Gleichwohl: Wanda doesn’t live here anymore. 

Magic Mike (Steven Soderbergh) USA 2012 (Kinostart voraussichtlich diesen August)