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Fußballschauspieler

Von Bert Rebhandl

Wenn man von einem Fußballspieler sagt, er sei ein «Schauspieler», dann gilt das fast immer einem Schwindler, einem Spieler, der durch Täuschung eine Schiedsrichterentscheidung provozieren will oder ganz einfach das Spiel aufhält, indem er sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Rasen wälzt. Zumindest dieser letztere Fall bringt den Sport ein wenig in Verlegenheit, denn Simulation lässt sich durch Fernsehbilder nicht nachweisen. Man kann da nur statistisch argumentieren – wenn eine Mannschaft mit dem Spielstand zufrieden ist, benötigt sie in der Regel mehr Behandlungspausen als der Gegner. Der Schmerz ist also die letzte Domäne eines Schauspielkonzepts älterer Schule im Fußball. Wer sich wälzt, obwohl es gar nicht (so) weh tut, spielt einen anderen als den, der er gerade ist – und niemand kann ihn dazu zwingen, aus der Rolle zu fallen bzw. in seine angestammte Rolle als Mannschaftsteil zurück.

Alle anderen Bereiche des Schauspiels auf dem Platz haben sich durch die Fernsehkameras entscheidend verändert. Die berüchtigte «Schwalbe» (das Vortäuschen einer Fouleinwirkung, bevorzugt im Strafraum) entgeht zwar oft dem Schiedsrichter, führt also zu dem kurzfristig gewünschten Ergebnis. Immer häufiger aber haben Vorfälle dieser Art ein mediales Nachleben, die (Schau-)Spieler geraten unter den Druck des Videobeweises, sie werden von den Slow Motions und Reverse Angles verfolgt wie von Rachegöttinnen der antiken Mythologie. Wer in dieser Hinsicht einmal ein Image weghat («fällt leicht»), darf dann ein paar Mal gratis umgesäbelt werden, bis sich der Verdacht der Vorspiegelung falscher Tatsachen wieder verflüchtigt hat.

Der stärkste Schauspielermoment, zu dem moderne Fußballer sich aufschwingen, hängt schließlich unmittelbar mit dem Fernsehen zusammen. Er entstammt dem Wissen um die Großaufnahme, auf die das Fernsehbild jederzeit umschalten kann. Ein Stürmer hat eine hundertprozentige Chance, er verwertet sie nicht, rauft sich kurz die Haare – und dann fällt ihm ein, dass er jetzt wahrscheinlich groß im Bild ist, und er rauft sich die Haare ein zweites Mal, nun schon eine Spur übertrieben. Im Theater würde man sagen: er spielt «für die Galerie». In der Fußballübertragung aber entsteht in diesen Momenten einer Reminiszenz an das frühe Kino, als die Schauspieler den fehlenden Gebrauch der Stimme (im Stadion hört einen ja auch niemand) gestisch kompensierten. Sie übertrieben es recht stark mit dem Ausdruck ihrer Emotionen, und darin haben sie späte Nachfahren in den Fußballspielern, die zwischen Parkett (Stadion) und Galerie (Fernsehen) gelegentlich die Rampensau heraushängen lassen.