editorial

Hohe Auflösung

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

von globalen Live-Sport-Events im Fernsehen bis zu kleinen Dokumentarfilmen hat sich in den letzten Jahren eine neue ästhetische und technische Gemeinsamkeit herausgebildet: Wir sind umgeben von Bildern in «High Definition». Jede Pore der Wirklichkeit scheint inzwischen einzeln sichtbar zu werden; das gelegentlich nostalgisch verklärte Korn des Filmbilds wird von den Datenpotenzen so übertrumpft, dass es schwer fällt, sich nicht selbst ein wenig davon angesogen zu fühlen. Im vorliegenden Heft bringen wir zu diesen digitalästhetischen Koordinaten einen ausführlichen Essay, dem wir einen zweiten beistellen, der in Bezug auf dominante Positionen der Filmgeschichtsschreibung revisionistisch argumentiert: Es geht um frühere Formen eines «tragbaren Kinos» – und somit wesentlich um Fragen der Projektion und jener konkreten «Handhabbarkeit», die in Zeiten der DCPs zunehmend abstrakter wird.

Konkret sind hingegen die Arbeitsfotografien, die uns Thomas Heise von seinem Dokumentarfilmprojekt aus einem mexikanischen Gefängnis geschickt hat, was im Verlauf unseres aktuellen Hefts aufein Gespräch mit dem mexikanischen Tarkowski-Fan Carlos Reygadas trifft.

Neben ausführlichen Texten zum neueren Hongkong-Kino, zur Wiederentdeckung von Pierre Étaix, zum Kontext jener Geschichten, die Ulrike Edschmid in ihrem Buch über Philip Sauber verdichtet,finden Sie hier auch eine Analyse der amerikanischen Sozialmediensphären ach dem Anschlag auf den Boston Marathon.

Letztendlich läuft alles, auch Beobachtungen zur Nähe von Kino, Karneval und Religion mit Blick auf die gegenkulturellen «Kölner Stämme», auf einen Versuch hinaus, im Nachdenken Kinoaktualität und -geschichte mit Mediennutzung und Zeitgenossenschaft zu verbinden: Leben in der Gegenwart «hoher Auflösung», der mit einer Politik der freischwebenden Aufmerksamkeit begegnet werden kann– in diesem Sinn einen schönen Sommer wünschen.