magical history tour

29. März 2013

1957: Leopoldo Torre Nilsson: La casa del angel (Argentinien)

Von Ekkehard Knörer

Erwachende, heftig erwachende Sexualität – die vierzehnjährige Ana weiß nicht, wie ihr geschieht, wirft sich dem sehr viel älteren Pablo Aguirre an den Hals, der sie in der Nacht seines Duells vergewaltigt. Das Duell ist politisch begründet: Im Parlament spuckt Aguirre große Töne zur Pressefreiheit, dabei ist sein Vater äußerst korrupt. Das alles spielt im Argentinien der 20er Jahre, atonal ist die Musik, scharf von sehr weit unten gefilmt sind viele Einstellungen, die Kirche und Standesdünkel sind Gegenstand der durch die Augen Anas gefilterten und damit irritierend neutralisierten Gesellschaftskritik. Fast zu manieriert und barock ist das, um schlechterdings Satire zu sein. Zu düster, zu wenig auf Distanz gebracht Bild für Bild. Überkreuzt und nach und nach erst einander angenähert werden der politische und der private Bereich. Am Ende ist die These umso klarer: Verrottet sind beide im Kern, Bigotterie und Vergewaltigung, Duell und Korruption gehören zusammen als Erscheinungsformen eines gesamtgesellschaftlichen Zusammenhangs, in dem bestenfalls Rudolpho Valentino die Hoffnung verkörpert. (75cp)