dokumentarfilm

18. Juni 2013

Ende der Duldung Zelimir Zilniks Film über Rom zwischen Deutschland und Serbien 2002

Von Bert Rebhandl

«Immer Probleme, immer Probleme» – mit diesen Worten aus dem Mund eines in Deutschland geborenen, 2002 abgeschobenen Rom-Mädchens könnte man gut zusammenfassen, worum es in Kenedi se vraca kuci (Kenedi Goes Back Home, 2003) von Zelimir Zilnik geht, Teil einer Trilogie über Kenedi Hasan, einen kosovarischen Rom, Repräsentant eines vielfach benachteiligten Volkes. Nach dem Ende des Regimes von Slobodan Milosevic bekamen die Romvölker in Serbien den Status einer anerkannten Minderheit, wodurch in Deutschland die Bedingungen, aufgrund derer in den 90er Jahren Asyl oder zumindest «Duldung» gewährt wurde, als nicht mehr gegeben erachtet wurden. Das führte dazu, dass viele Familien, die ab 1991 ins Land gekommen waren, abgeschoben wurden, ungeachtet konkreter Umstände.

Kenedi Goes Back Home beginnt mit einer Szene, in der der Protagonist sich an seine Zeit in Deutschland erinnert. In Freiburg hat er Martial Arts gelernt: «Das ist Kampfsport.» Im Jahr 2002 ist er in Serbien und verdient Geld als Privattaxifahrer, der am Flughafen von Belgrad Leute anspricht und seine Dienste anbietet. So wird er zum Zeugen zahlreicher Geschichten, die Zilnik in Kenedi Goes Back Home so erzählt, dass Kenedi wie ein Mittelsmann fungiert – er ist zugleich Protagonist, Journalist, Sozialarbeiter, ein großartig einnehmender Typ, der mit seinem gebrochenen Deutsch zwar keinen Leitkulturtest bestehen würde, sich dafür mit prekären Lebensbedingungen auskennt.

«Ich habe alles verlieren oben in Kosovo», sagt er an einer Stelle, ein Schicksal, das viele andere unter den 2002 nach Serbien in ein persönliches Nichts zurückkehrenden Rom teilten. Kenedi Goes Back Home ist ziemlich eindeutig ein klassischer Dokumentarfilm, auch wenn die Struktur durchaus etwas von einem neorealistischen Parcours hat (Aufgaben sind zu lösen und bringen neue Kontaket). Wichtige Stationen bilden ein Flashback auf einen Besuch in Mitrovica im Kosovo, in Kenedis verlorener Heimat; eine Begegnung mit einer allen Erzählungen nach in Deutschland bestens integrierten Rom-Familie, die in Terroristenjägermanier frühmorgens aus dem Betten geklingelt und direttissima zum Flughafen expedier wurde (wobei die Polizei noch die Chuzpe hatte, sich als «Feuerwehr» auszugeben, damit die Türen schneller geöffnet würden); und schließlich ein Dialog, den Jonny, der nach zwölf Jahren in Krefeld nach Belgrad geschickt wurde, mit einem Münchner Grenzschutzpolizisten führt, der in Belgrad am Goethe-Institut einen Vortrag gehalten hat. «Papier ist geduldig», sagt der eigentlich sehr verständnisvolle Beamte, der eine klassische berufliche Schizophrenie lebt: Er muss dem Buchstaben des Gesetzes folgen, die konkreten Schicksale muss er unberücksichtig lassen. Ein «Scheiß-Job», wie er selbst sagt gegen Ende eines großartigen Films.

 

Kenedi Goes Back Home wird am Dienstag, 18.06.2013, im Zeughaus Kino Berlin im Rahmen der Reihe Cineromani gezeigt

Ein ausführliches Gespräch mit Zelimir Zilnik über die Kenedi-Trilogie findet sich hier