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29. Dezember 2009

Vic Chesnutt RIP About to Choke

Von Ekkehard Knörer

Ich habe in meinem Leben zwei Konzerte von Vic Chesnutt besucht. Es wird nun kein weiteres mehr hinzukommen. Das erste: 1995, Cactus Café, Austin, Texas. Ein hinreißender Abend, endlos, Chesnutt in einer Spiellaune, die sich steigerte, immer weiter steigerte, eine aufgekratzte Laune, die ansteckte, aus der man kaum mehr herauskam, in meinem Kopf sang es immer weiter auf dem Weg nach Hause über den Campus. Drei oder vier Stunden ging das, eine wunderbare, keine Sekunde langweilige Endlosigkeit, eine Reise durchs Repertoire mit beiseite gemurmelten Bösartigkeiten, Rollstuhlwitzen, einzelne Phrasierungen der Songs, den Refrain von Isadora Duncan etwa, erinnere ich bis heute. (Beim Nachlesen der Lyrics stelle ich fest, dass es diesen Refrain so gar nicht gibt. Vielleicht habe ich ihn nachträglich, umso emphatischer mich erinnernd, erfunden. Oder Vic Chesnutt hat das damals eben anders gesungen.) Das zweite Konzert war ein paar Jahr später, 2001 vielleicht, im alten ColumbiaFritz in Berlin, das so nicht mehr existiert. Chesnutt war außerordentlich schlecht drauf an dem Abend, kam viel zu spät auf die Bühne, saß verloren herum, stimmte seine Gitarre immerzu neu, rülpste, war vielleicht besoffen oder depressiv, man verstand nicht, was er sagte, rollte von der Bühne, kam noch einmal wieder, begann einen Song, brach ihn wieder ab und nach zwanzig Minuten war das Konzert wieder vorbei. Niemand im Publikum hat gepfiffen, alle waren voll Sympathie für einen heiß geliebten Musiker, dem es so sichtbar schlecht ging, man klatschte traurig und keiner, da bin ich sicher, verlangte sein Geld zurück.

Zuletzt habe ich Chesnutt-Musik in Sebastian Schippers leider nicht sehr gutem Film Mitte Ende August gehört, aber das waren leider reine Instrumentalkompositionen. Das fand ich schade, denn vor allem habe ich immer die großartige nicht schöne Stimme von Vic Chesnutt und was er damit anstellte, sehr gemocht.