filmkritik

16. November 2008

Zum Tod von Peter W. Jansen (1930-2008)

Von Ekkehard Knörer

Peter W. Jansen über Alain Resnais, aus dem entsprechenden Band der von ihm mit Wolfram Schütte begründeten Reihe Film bei Hanser – dem vernünftigsten, was die deutsche Nachkriegsverlagslandschaft an Büchern zu RegisseurInnen hervorgebracht hat:

«Er war nach Paris gekommen, weil er Schauspieler werden wollte. Aber nicht nur das Kino, das Theaterund die Literatur hatten es ihm angetan, sondern vor allem der Comic Strip. Früher als andere entdeckte er Verwandtschaften und den Vorsprung des Trivialen, hörte im erstarrten Schrei und sah in den gefrorenen Tränen, was vom Schreien und vom Weinen ist in der Sekunde ihrer Gegenwart, im Blitzlicht ihrer Vergegenwärtigung: ein Bild, eine Geste, ein Wort; Linien, Striche, Laute, Helligkeitswerte, Buchstaben. In jeder Darstellung des Lebendigen stirbt das Leben, versickert in den Darstellungsformen – und nistet sich darin ein. Nur so bleibt es aufgehoben, nur so ist es zu erlösen. Der Comic Strip, Addition von Sekunden der Vergegenwärtigung, ist schon über Literatur, Theater und Kino und deren Vorschein von Leben hinaus und wieder angelangt beim Lächeln, der Hygieia, das vor 2000 Jahren in Stein gehauen wurde und immer noch lächelt, so lange nur ein Blick das Lächeln aus dem Stein befreit. Denn: ‹Un objet est mort qand le regard vivant qui se posait sur lui a disparu›.»

Sehr interessant, was Wolfram Schütte in seinem Nachruf über die Entstehung der Reihe Film-Bände schreibt:

«Wir machten zur Bedingung, dass alle von uns gewählten Mitarbeiter alle Filme der Regisseure bei einer gemeinsamen, oft mehrtägigen Sichtung in Berlin auf der Leinwand sehen konnten, ohne dass für die Mitarbeiter daraus Reise- & Aufenthaltskosten entstünden. Ebenso lag die Honorierung der Beiträger auf der Höhe dessen, was Verlage für belletristische Autoren im Hardcover zahlten, also weit über den besten Zeilenhonoraren der Zeitungen. Die Herausgeber, die sowohl selbst als Autoren wie auch als Lektoren jeweils allein für den von ihnen edierten Band zuständig waren, hatten sich zudem das Recht des „final cut“ ausbedungen, d.h. den Klebeumbruch mit der allein von ihnen bestimmten & verantworteten Bildauswahl & -platzierung im Text.»

 

Audio-Links:

Peter W. Jansen über Filmkritik im Radio

Jansens Kino über Out 1: Noli me tangere von Jacques Rivette

cargo-Link:

Nachruf von Ekkehard Knörer in der taz